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Crowdfunding-Plattformen: Werden aufsichtsrechtliche Privilegierungen abgeschafft?

Crowdfunding ist in aller Munde und hat sich als moderne Finanzierungsform, die als unkompliziert und innovativ wahrgenommen wird, einen Namen gemacht. Durch Crowdfunding (deutsch auch Schwarmfinanzierung) können Projekte, Produkte, Unternehmen und andere Dinge mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

Kleinanlegerschutzgesetz regelt Crowdfunding

Da es im Wesen des Crowdfunding liegt, über ein öffentliches Angebot eine unbestimmte Anzahl von potenziellen Anlegern anzusprechen, hat dies bereits den Gesetzgeber auf den Plan gerufen. Dieser hat mit dem Erlass des Kleinanlegerschutzgesetzes vom 10. Juli 2015 auch dem Crowdfunding Rechnung getragen und in § 2a des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) eine Regelung über „Schwarmfinanzierungen“ aufgenommen.

Ferner wurden gleichzeitig partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen, die sehr oft für das Crowdfunding eingesetzt werden, ausdrücklich als Vermögensanlagen definiert. Folglich sind im Rahmen des Crowdfundings grundsätzlich die Regelungen des Vermögensanlagengesetzes zu beachten. Dieses wiederum stellt strenge Regelungen für das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen auf. Die größte Herausforderung besteht in der Erstellung eines Verkaufsprospekts, der vor seiner Veröffentlichung durch die BaFin gebilligt werden muss.

Aktuelle Privilegierungen für Crowdfunding-Plattformen

Allerdings wurden für das Crowdfunding gerade in dem Fall, in dem partiarische Darlehen oder Nachrangdarlehen eingesetzt werden, zahlreiche Ausnahmen normiert, sofern die Schwarmfinanzierung im konkreten Fall ausschließlich im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung durch eine Internet-Dienstleistungsplattform vermittelt wird und jeder Anleger maximal 1.000 Euro investieren darf. Diese Schwelle kann auf 10.000 Euro angehoben werden, wenn der Anleger über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügt. Die Grenze kann auch im zweifachen Wert des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens liegen, sofern der Anleger sein Einkommen durch eine Selbstauskunft nachweist und höchstens 10.000 Euro investiert werden. Dabei ist außerdem zu beachten, dass der Anbieter insgesamt höchstens Vermögensanlagen im Gesamtwert von 2,5 Millionen Euro emittieren darf.

Prospektpflicht entfällt

Werden diese Voraussetzungen erfüllt, sind daran erhebliche Erleichterungen geknüpft. Die Prospektpflicht entfällt, ebenso wie Vorgaben zu Laufzeit, Kündigung und Veröffentlichungspflichten nach Beendigung des Angebots. Folglich entfallen auch die Eingriffsbefugnisse der BaFin in Hinblick auf Verkaufsprospekte und die Prospekthaftung nach den §§ 20, 21 VermAnlG. Zudem gelten geringere Anforderungen an den Jahresbericht.

Die aktuelle Gesetzeslage bietet den Betreibern von Crowdfunding-Plattformen also attraktive Marktchancen. Sie benötigen hierfür bislang nicht einmal eine Lizenz für die Anlageberatung oder Anlagevermittlung nach dem Kreditwesengesetz (KWG). Stattdessen ist auch eine dementsprechende Lizenz gemäß § 34f der Gewerbeordnung (GewO) ausreichend.

Initiative der Verbraucherschützer: Provisionen offenlegen

Die Ausnahmen des Vermögensanlagengesetzes im Bereich Crowdfunding sind den Verbraucherschützern offenbar ein Dorn im Auge. Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV), ein Beratungsgremium des Justiz- und Verbraucherschutzministeriums, fordert deren Streichung. Dabei stört sich der Rat nicht nur an der Tatsache, dass die Privilegierung des § 2a VermAnlG nur für partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen gilt, obwohl andere Beteiligungsformen vorteilhafter sein können. Er ist generell der Meinung, dass es sich um eine verfehlte Regelung handelt, die dem Zweck des Kleinanlegerschutzgesetzes zuwider läuft, da sie die Befugnisse der Aufsicht mangels Prospektpflicht stark begrenzt. Stattdessen sollen Anlage- und Finanzierungsformen des Crowdfunding analog den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) reguliert werden.

Auch hinsichtlich der Plattformen selbst sieht der SVRV Handlungsbedarf. Er meint, diese seien mit Plattformen für Vergleiche und Tests für Finanzprodukte und verwandte Dienstleistungen vergleichbar und sollten Mindeststandards unterliegen, die laufend überwacht werden. Konkret sollen Informationen über das Geschäftsmodell und die finanziellen Beziehungen (insb. Provisionen), ihre Werbung und die verwendeten Vergleichsmethoden veröffentlicht werden.

Neue Pflichten für Betreiber von Crowdfunding-Plattformen?

Im Falle einer Streichung des § 2a VermAnlG müssten sich die Anbieter von Schwarmfinanzierungen auf die vollständige Einhaltung aller gesetzlichen Anforderungen an Vermögensanlagen gefasst machen.

Mit dem Vorschlag einer Regulierung von Crowdfunding-Plattformen gemäß den WpHG-Standards geht der SVRV jedoch noch weiter als die Regulierung, die das VermAnlG vorsieht. Offenbar schweben dem Gremium Verhaltensregelungen vor, wie sie bereits in § 31 WpHG für Wertpapierdienstleister niedergelegt sind. Damit würden für die Plattformen eigene Informationspflichten entstehen, die sie gegenüber den Anlegern einhalten müssten.

In diesem Zuge müssten Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden, seine Anlageziele und seine finanziellen Verhältnisse eingeholt werden und es dürften ihm nur Crowdfunding-Projekte empfohlen werden, die für ihn geeignet sind. Auch eine Information des Kunden darüber, ob die Beratung als Honorar-Anlageberatung erfolgt oder nicht, müsste erteilt werden.

Frühzeitige Beratung für Crowdfunder und Plattformen

Noch ist kein Gesetzesentwurf ausgearbeitet worden, in dem sich die vorgeschlagene Regulierung wiederfindet. Der SVRV verfolgt das Thema Crowdfunding jedoch bereits seit langem und hat eine eigene Ausarbeitung angekündigt, auf die sich Betreiber von Crowdfunding-Plattformen einstellen müssen.

Unsere im Aufsichtsrecht spezialisierten Anwälte beraten Sie gerne bei allen regulatorischen Fragen zum Thema Crowdfunding.

Weiterlesen:
Crowdfunding: Alle Pflichten für Crowdfunder und Crowdfunding-Plattformen
Kleinanlegerschutzgesetz: Weitreichende Ausnahmen für Crowdfunding und gemeinnützige Körperschaften

Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt Benjamin Kirschbaum ist vor allem in den Bereichen Blockchain und Kryptowährungen sowie im allgemeinen Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verwaltungsrecht und Kirchenrecht/Religionsrecht tätig.

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