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Auch für Stiftungen gilt die Gründungstheorie

Welches Recht findet Anwendung, wenn eine ausländische – hier österreichische – Stiftung in Deutschland klagt?

Österreichische Stiftung klagt in Deutschland

Nachdem ihre Satzung geändert worden war, wollte eine österreichische Stiftung in Deutschland festgestellt wissen, dass die Beklagte nicht mehr zu ihren Destinatären zählt. Die Vorinstanz entschied die Frage, in dem sie deutsches Recht anwendete; aufgrund der hierzulande geltenden Beweislastverteilung gewann die Stiftung den Rechtsstreit. Zumindest vorerst, denn die Beklagte gab sich mit dem für sie ungünstigen Ausgang des Prozesses nicht zufrieden und ging in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Dieser bestätigte die Auffassung der Beklagten, dass im Streitfall das österreichische Recht und gerade nicht das deutsche Recht hätte Anwendung finden müssen.

Deutsches internationales Privatrecht (IPR)

Wenn bei der Beurteilung eines Sachverhalts die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt, ist das deutsche internationale Privatrecht (IPR) von Amts wegen anzuwenden, so der BGH. Die IPR-Regelungen beanspruchen allgemeine Verbindlichkeit, ohne dass es darauf ankommt, ob sich eine der Parteien auf die Anwendung ausländischen Rechts beruft. Freilich ist das deutsche Stiftungskollisionsrecht – also das Recht, das bestimmt, welches Recht bei Stiftungen gilt, wenn sowohl die Anwendung deutschen als auch ausländischen Rechts in Betracht kommt – gesetzlich nicht geregelt. Es fehlt in dieser Hinsicht sowohl an völkerrechtlichen Vorgaben als auch an autonomen Regelungen des deutschen Rechts.

Internationales Gesellschaftsrechts auf Stiftung angewendet

In einem solchen Fall ist dem BGH zufolge auf die Grundsätze des Internationalen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen: Bei Gründung einer Gesellschaft in einem EU-Mitgliedsstaat gilt daher die sog. Gründungstheorie und damit das Recht des Gründungsstaates, hier also österreichisches Recht. Für Gesellschaften, deren Gründung sich außerhalb der EU vollzieht, gilt hingegen das Recht desjenigen Staates, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat. Der BGH verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht, das das ausländische Recht zu ermitteln haben wird. Daraus könnte sich eine andere Beweislastverteilung als nach deutschem Recht ergeben, was zu einem Obsiegen der Beklagten führen könnte.

Dass deutsche Gerichte ausländisches Recht anzuwenden haben, ist nichts Neues, sondern vielmehr schlichte Gesetzesanwendung. Regelmäßig holen sich deutsche Gerichte dazu Sachverständigengutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht ein, um sich Kenntnis vom ausländischen Recht zu verschaffen. Interessant an der Entscheidung des BGH ist, dass dieser die Regelungen des internationalen Gesellschaftsrechts auch auf Stiftungen anwendet.

Zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten durch IPR

Das IPR eröffnet international tätigen Organisationen zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Sie können in vielen Fällen frei wählen, in welchem Land sie ihre Streitigkeiten führen wollen und welches Recht dabei Anwendung finden soll. Um die Spielräume nutzen zu können, sind allerdings sorgfältig ausgearbeitete Verträge mit Rechtswahl-, Gerichtsstands- und ggf. Schiedsgerichtsklauseln notwendig. In bestimmten Ausnahmefällen ist so sogar die Abbedingung des (strengen) deutschen AGB-Rechts denkbar.

Gerne beantworten Ihnen unsere spezialisierten Anwälte weitere Fragen zur Gründungstheorie. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

BGH, Urteil vom 08.09.2016, Az. III ZR 7/15

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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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