Insolvenzen von Mt. Gox & FTX: Rückzahlungen steuerlich einordnen
Die Insolvenzen von Mt. Gox (2014) und FTX (2022) haben Tausende von Anlegern getroffen und bedeutende Verluste verursacht. Seit 2024 finden Rückzahlungen aus den Insolvenzverfahren statt, die teils in Fiatwährung (z.B. Euro, USD) und teils in Kryptowährung (z.B. Bitcoin) erfolgen.
Nicht unwichtig für die Anleger ist die steuerliche Behandlung dieser Rückzahlungen. Wir beleuchten die Unterschiede zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen und zeigen an zwei Beispielen, wie die Besteuerung abhängig von den Umständen abläuft.

Chronik der Mt.Gox-Insolvenz
2010 |
18.07.2010: Jed McCaleb (amerikanischer Unternehmen und später auch bekannt durch Stellar und Ripple) gründet Mt.Gox als weltweit erste Bitcoin-Exchange |
2011 |
02.2011: McCaleb verkauft Mt.Gox an den Franzosen Mark Karpelès 01.03.2011: Verlust von ca. 80.000 Bitcoin bei Übergabe von Mt.Gox 05.2011: Diebstahl von 300.000 Bitcoin und anschließende Rückführung nach Zahlung eines Finderlohns 19.06.2011: Kompromittierung eines Administrator-Accounts zur Marktmanipulation 09.2011: Wallet.dat-Datei, die Zugang zu den Bitcoinbeständen des Unternehmens verschafft, von Unbekannten kopiert |
2011-2013 |
Abfluss von knapp 630.000 Bitcoin mit Hilfe der kopierten wallet.dat-Datei Fälschlich gewährte Deposits führen zu einem Verlust von ca. 40.000 Bitcoin |
2013 |
20.06.2013: Auszahlungsprobleme von Fiat-Währungen wie US-Dollar und Euro beginnen |
2014 |
07.02.2014: Auszahlungsstopp aller Zahlungen inklusive Bitcoin 24.02.2014: Mt.Gox-Website geht offline 28.02.2014: Mt.Gox meldet Insolvenz (Bankruptcy) in Japan an 09.03.2014: Mt.Gox meldet Insolvenz in den USA an |
2017 |
07.2017: Festnahme eines vermutlich Verantwortlichen für die Diebstähle in Griechenland 10.2017: Gründung der Kreditorengemeinschaft MtGoxlegal.com 11.2017: Kreditoren beantragen Überführung in eine selbstverwaltete Insolvenz (Civil Rehabilitation) 03.2017: Verkauf von ca. 40.000 Bitcoin zur Liquiditätsdeckung der Insolvenzmasse |
2018 |
22.06.2018: Bewilligung des Antrags und Beginn der Vorbereitung zu einer selbstverwalteten Insolvenz |
2020 |
15.12.2020: Übergabe des Entwurfs zur Civil Rehabilitation an das Gericht |
2021 |
21.02.2021: Zustimmung des Gerichts zum Civil Rehabilitation Plan 31.05.2021: Beginn der Abstimmung der Gläubigerversammlung zum selbstverwalteten Insolvenzverfahren 08.10.2021: Ende der Abstimmung 20.10.2021: Termin zur Annahme des Civil Rehabiliation durch Gläubigerversammlung |
2022 |
Ab 2020: Auszahlung ELSR und IR |
Mt.Gox - Ein Berg an Fragen
Mt.Gox war 2010 mit der Gründung in Japan die erste Bitcoin-Exchange weltweit. Bis 2014 wurden über Mt.Gox bis zu 80 Prozent aller Bitcoin-Transaktionen abgewickelt.
Durch Sicherheitslücken in der Software verlor Mt.Gox bis 2014 nach und nach mehrere Hunderttausend Bitcoin, letztlich nahezu ein Totalverlust. Mit der Beantragung der Insolvenz wurde im Februar 2014 das ganze Ausmaß der Katastrophe sichtbar. Die anfänglich geringe Insolvenzmasse wuchs durch mehrere Vorgänge mittlerweile auf eine beträchtliche Summe, die sogar die nominellen Forderungen überstieg. Seitdem kämpft eine Vielzahl an internationalen Gläubigern um ihre Ansprüche.
Sachverhalt im Detail:
Was ist Mt.Gox?
Mt.Gox war mit Gründung 2010 die erste Bitcoin-Exchange (Handelsplattform) weltweit. Sitz des Unternehmens war und ist Japan. Eine Bitcoin-Exchange ermöglicht ihren Benutzern, Kryptowerte zu handeln, indem sie für sie einen Markt schafft. Dazu werden auf der Exchange Geld wie auch Kryptowerte, in diesem Fall Bitcoin, übertragen, womit anschließend Handel betrieben werden kann.
Bis 2014 wurde über Mt.Gox ein substanzieller Anteil aller Bitcoin-Transaktionen weltweit durchgeführt. Der Marktanteil betrug bis zu 80 Prozent des weltweiten Volumens. Mt.Gox hielt ca. 850.000 Bitcoin zu diesen Zwecken, fremde und auch eigene. Nachdem diese gestohlen wurden, musste Mt.Gox Insolvenz anmelden und befindet sich unter Verwaltung durch einen Treuhänder.
Was ist mit den Bitcoin passiert?
Mt.Gox hat bis zur Anmeldung seiner Insolvenz ca. 850.000 Bitcoin verloren. Welche Vorgänge dazu geführt haben, kann auf mehrere Vorfälle zurückgeführt werden.
Während des Verkaufs von Mt.Gox durch Jed McCaleb an Mark Karpelès flossen aus der Mt.Gox-Wallet ca. 80.000 Bitcoin ab, ohne dafür einen Eingang verbuchen zu können. Dieser Fehlbetrag wurde von den Parteien auch besprochen, wie sich aus im Rahmen des Strafprozesses in den USA veröffentlichten Chatprotokollen ergeben hat.
Diese 80.000 Bitcoin sind aus der Hot Wallet von Mt.Gox auf die – mittlerweile bekannte - Wallet-Adresse 1FeexV6bAHb8ybZjqQMjJrcCrHGW9sb6uF geflossen. Dort liegen sie bis heute unberührt, jedenfalls so lange, bis der Private Key gefunden wird.
Wie konnten so viele Bitcoin gestohlen werden?
Wie es zu diesem Diebstahl kommen konnte, ist bis heute unklar. Ein Teil der Verantwortlichkeit hierfür liegt sicher bei den Betreibern, die nicht für ausreichende Datensicherheit gesorgt haben. Anfang März 2011 wurde die wallet.dat-Datei – verantwortlich für alle Transaktionen – von den Servern kopiert.
Aufgrund der kompromittierten wallet.dat-Datei gelang es Hackern, ca. 650.000 Bitcoin direkt aus der Hot Wallet von Mt.Gox auf Fremdkonten zu überweisen. Diese Tausenden Überweisungen gingen in den Millionen legitimer Vorgänge lange Zeit unter, konnten jedoch aus den öffentlich gewordenen Daten rekonstruiert werden. Bis heute wurden ca. 630.000 der verlorenen Bitcoin aus der Wallet von Mt.Gox nachverfolgt. Diese wurden höchstwahrscheinlich über mehrere zwischengeschaltete Wallets, Verschleierungsservices und letztlich andere Exchanges liquidiert.
Wurde für die Taten jemand zur Rechenschaft gezogen?
300.000 Bitcoin gelangten auf die Exchange BTC-e. Zentrale Figur dieser Exchange ist Alexander Vinnik, dem vorgeworfen wird, die gestohlenen Bitcoin durch die von ihm mitgegründete Seite „gewaschen“ zu haben. Er wurde 2017 in Griechenland auf Bestrebungen der US-amerikanischen Behörden unter dem Vorwurf verhaftet, 4.000.000.000 US-Dollar durch BTC-e gewaschen zu haben. In Frankreich wurde er deswegen zu fünf Jahren Haft verurteilt. Dass bei den von BTC-e beschlagnahmten Bitcoin größere Mengen von Mt.Gox zu finden sind und in die Insolvenzmasse zurückgeführt werden, ist grundsätzlich möglich, wenn auch unwahrscheinlich.
Tiefergehende Informatione zu den genauen Vorgängen erhalten Sie hier: https://blog.wizsec.jp/. Das WizSec-Kollektiv besteht aus Experten für Kryptotechnologie und Cybersecurity und gewährt seit Beginn der Vorgänge um Mt.Gox einen umfangreichen Einblick in ihre Ermittlungen.
Wie wird Mt.Gox abgewickelt?
Da Mt.Gox in Japan sitzt, wird die Abwicklung des Unternehmens nach japanischem Recht vollzogen. Dabei wurde – mangels Masse – ein „normales“ Insolvenzverfahren angemeldet, d.h. Vermögen wird in Bruchteilen auf die Gläubiger aufgeteilt. Die Forderung der Gläubiger wurde dabei zum damaligen Bitcoin-Kurs bewertet. Andernfalls wäre es zu sehr niedrigen Insolvenzquoten gekommen.
Im Laufe der Insolvenz wurde jedoch bei Mt.Gox eine in Vergessenheit geratene Wallet, d.h. ein Speichermedium von Bitcoin gefunden. Diese wurde bis Juni 2011 benutzt und beinhaltete ca. 200.000 Bitcoin die der Insolvenzmasse somit wieder zur Verfügung standen. Durch den Preisanstieg von Bitcoin seit dem Jahr 2017 wuchs der Wert der Insolvenzmasse stark an und übertraf zwischenzeitlich sogar den nominellen Wert der Verbindlichkeiten um ein Vielfaches.

Dazu kam die Entstehung von Bitcoin Cash (BCH). Dabei handelt es sich um eine Hard Fork der Bitcoin-Blockchain, d.h. eine Aufspaltung des Projekts Bitcoin. In diesem Rahmen wurde an jeden Halter von Bitcoin die gleiche Menge Bitcoin Cash ausgegeben, die in diesem Fall ebenso der Insolvenzmasse zugutekam.
Im Zuge dieser Ereignisse wurde auf das Bestreben einer Gruppe Gläubiger die Umwandlung der Insolvenz in eine Zivilsanierung (Civil Rehabilitation) beantragt, um zu vermeiden, dass die anfänglich niedrigeren Forderungen beglichen werden, und die Kursgewinne den Anteilseignern zufließen. Durch die Zivilsanierung ist es möglich, die Forderung nicht nur in Yen zu begleichen, sondern auch Bitcoin und BCH herauszugeben.
Mit Umwandlung der Insolvenz in eine Zivilsanierung wurde eine Neubewertung der Forderung zum Marktwert vorgenommen. Zur Sicherung der Liquidität der Masse hat der Insolvenzverwalter auch mehrere Tausend Bitcoin verkauft. Damit bleiben ca. 140.000 Bitcoin zur Ausschüttung in der Insolvenzmasse.
Insolvenzen der Kryptobörsen
Mt. Gox
Mt. Gox war die erste große Kryptowährungsbörse, bevor sie 2014 nach dem Verlust von über 850.000 BTC Insolvenz anmeldete – sowohl in Japan als auch in den USA. Im Zuge der angewachsenen Insolvenzmasse wurde auf das Bestreben einer Gruppe Gläubiger die Insolvenz in Japan in eine Zivilsanierung (minji saisei) umgewandelt.
Mit Umwandlung der Insolvenz in eine Zivilsanierung erfolgte eine Neubewertung der Coins zum Marktwert. Ein Bitcoin wurde dabei mit 749.318,83 Yen, ein BCH mit 97.481,19 Yen bewertet. Diese Werte sind seitdem maßgebend für die Berechnung der ab dem Jahr 2024 laufenden Auszahlungen an die Insolvenzgläubiger. Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.
Die Rückzahlungen an die Gläubiger erfolgten teils in Bitcoin, Bitcoin Cash und teils in Fiatwährung. Den Auszahlungen lag ein fester Umrechnungskurs von (aus heutiger Sicht: lediglich) 483 USD/BTC aus 2014 zugrunde, der möglicherweise auch für die steuerliche Bewertung von Bedeutung ist.
FTX
FTX, eine der größten Kryptobörsen, meldete 2022 Insolvenz an. Rückzahlungen hängen von der Verwertung der verbliebenen Vermögenswerte ab und erfolgen ebenfalls teils in Fiatwährung und teils in Kryptowährungen. Die ersten Auszahlungen werden für März 2025 erwartet.
Rechte der Gläubiger einer Kryptoinsolvenz
Zur Klärung der Frage, welche steuerlichen Konsequenzen die Rückzahlungen aus den Insolvenzen haben, ist die vorgelagerte Frage zu beantworten, ob den Anlegern Ab- oder Aussonderungsrechte zustehen, die Entschädigungszahlungen also die Rückzahlung eigener Coins darstellen. Das ist in beiden Insolvenzen, sowohl Mt. Gox als auch FTX, nicht der Fall. Da die Kundengelder auf beiden Plattformen nicht vom Unternehmensvermögen getrennt verwahrt wurden, stehen den Anlegern nur Forderungsrechte gegenüber der Insolvenzmasse zu, aber nicht die Rückzahlung „ihrer“ konkreten Coins, die sie zum Zeitpunkt der Insolvenz in ihrem Account hatten.
Es ist also davon auszugehen, dass die ursprüngliche Investition durch die Insolvenz zunächst untergegangen ist – was steuerlich keine Veräußerung im Sinne des § 23 EStG darstellt und daher steuerlich irrelevant wäre.
Gegen den Insolvenzverwalter wäre sodann ein (neuer) Entschädigungsanspruch des einzelnen Anlegers in Geld erwachsen. Die Bedienung eines solchen Anspruchs ist grundsätzlich ebenfalls steuerlich unbeachtlich.
Erfolgt die Auszahlung allerdings in Kryptowährungen, könnte darin ein Tausch der Insolvenzforderung in Fiatwährung gegen eine Forderung in Krypto erblickt werden. Damit könnte auf den Zeitpunkt der Wahl, in Krypto entschädigt zu werden, eine neue Anschaffung der ausgeschütteten Coins zu sehen sein, was wiederum wichtig für die Frage ist, ob die ausgeschütteten Coins sofort steuerfrei verkauft werden können oder ob dafür die einjährige Haltefrist des § 23 EStG einzuhalten ist.
Not your keys – not your coins! – Gilt das auch im Steuerrecht?
Die Möglichkeit, Kryptowährungen unabhängig von Börsen oder Banken in eigenen Wallets zu halten und die volle Verantwortung für deren Verwahrung zu übernehmen, gilt als eine der großen Errungenschaften der Blockchain. Wann immer durch Hackerangriffe zentralisierte Börsen große Verluste hinnehmen mussten, wurde in den kryptoaffinen Medien daran erinnert, dass Schäden durch solche Hackerangriffe auf Börsen einfach dadurch vermieden werden können, dass der Investor die Kryptowerte selbst verwahrt und die entsprechenden privaten Schlüssel selbst verwaltet. „Nicht dein Schlüssel – nicht deine Coins!“ soll daran erinnern, dass, solange Coins auf Exchanges in fremder Verwahrung liegen, die Sicherheit der dort gelagerten Kryptowerte nicht gewährleistet ist.
Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob Coins, die der Anleger auf einer Kryptobörse hält, auch steuerlich nicht mehr als sein Vermögen behandelt werden. Ist ein Coin in der eigenen Wallet des Anlegers ein anderes Wirtschaftsgut, als ein Coin in der Sammelwallet einer Kryptobörse? Zivilrechtlich mag es hier erhebliche Unterschiede geben. Die Kryptowerte auf einer Exchange dürften zivilrechtlich lediglich Forderungen gegen die Exchange darstellen. Doch ist dies auch steuerlich relevant?
Das Bundesfinanzministerium (BMF) erläutert in seinem Schreiben vom 10.05.2022 den Begriff der Wallet. Im Hinblick auf Handelsplattformen schreibt das BMF:
- „in einigen Fällen wird zudem abweichend von der obigen Darstellung eine gemeinsame Wallet für eine Vielzahl von Personen genutzt.“
Und weiter:
- „Für den Anschaffungs- oder Veräußerungszeitpunkt ist (...) der Handel über die Plattform ausschlaggebend. Das Gleiche gilt, wenn Steuerpflichtige keine eigene Wallet besitzen, sondern die Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token von der Handelsplattform verwahrt werden.“
Steuerlich behandelt das BMF Coins und Token, die auf einer Handelsplattform erworben werden, also stets wie die eigenen des Anlegers. Damit ändert sich auch in einem Störfall wie einer Insolvenz nicht die steuerliche Zugehörigkeit des Coins. Der Coin gilt nach wie vor als vom Beteiligten zu jenem Zeitpunkt und zu jenem Betrag angeschafft. Es handelt sich um eine Fiktion, die die Finanzverwaltung unabhängig von der tatsächlichen zivilrechtlichen Zuordnung aufgestellt hat und an die sie sich durch das BMF-Schreiben vom 10.05.2022 selbst gebunden hat.
Betriebsvermögen vs. Privatvermögen bei der Kryptoinsovlenz
Je nachdem, ob die durch eine Insolvenz verlorenen Coins im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen gehalten wurden, und je nachdem, ob Rückzahlungen in Kryptowährung oder Fiatwährung erfolgen, unterscheidet sich die steuerliche Behandlung erheblich.
Betriebsvermögen
Wenn die verlorenen Coins im Betriebsvermögen gehalten wurden und sich durch die Insolvenz in der Gewinnermittlung steuerlich als Verlust des Betriebs niedergeschlagen haben (Betriebsausgabe bzw. Einzelwertberichtigung), gelten folgende steuerliche Konsequenzen:
- Rückzahlung in Fiatwährung: Rückflüsse in Fiatwährung (z. B. Euro) sind als Betriebseinnahmen (bzw. Auflösung der zunächst vorgenommenen Einzelwertberichtigung) steuerpflichtig.
- Rückzahlung in Kryptowährung: Der Erhalt der Kryptowährungen ist zunächst steuerneutral, da es sich lediglich um Rückübertragung der eigenen Coins handelt. Diese sind aber weiter Teil des Betriebsvermögens. Wird nur ein Teil der ursprünglich gehaltenen Coins zurückübertragen, d.h. gehen die restlichen Coins jetzt endgültig verloren, realisiert sich insoweit dann ein endgültiger Verlust, allerdings nur in Höhe der damaligen anteiligen Anschaffungskosten.
Ein späterer Verkauf der zurückerhaltenen Coins stellt eine Betriebseinnahme zum Marktwert/Verkaufswert dar.
Privatvermögen
Im Privatvermögen gelten die Regeln für private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG). Die steuerliche Behandlung hängt davon ab, ob Fiatgeld oder Kryptowährung zurückgezahlt wird:
- Rückzahlungen in Fiatwährung sind grundsätzlich steuerneutral, da sie lediglich den Verlust ausgleichen. Überschüsse (z.B. zusätzliche Zinszahlungen) wären jedoch ggf. als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) steuerpflichtig. Bei Mt. Gox spielt das allerdings keine Rolle, da es sich in diesem Fall um unverzinsliche Forderungen handelt.
- Rückzahlung in Kryptowährung: Die Coins waren zum damaligen Zeitpunkt und zu den damaligen Anschaffungskosten erworben worden. In der Insolvenz wurde sodann der Kurs von 483 USD/BTC und der Anschaffungszeitpunkt aus dem Jahr 2014 zur Verteilungsrechnung festgelegt. Es ist offensichtlich, dass die Spekulationsfrist seit diesem Erwerb längst abgelaufen ist. Die Coins auf der Plattform sind steuerlich nach Auffassung des BMF solche des jeweiligen Anlegers, was dazu führt, dass die Auszahlungen an den Anleger steuerlich irrelevant sind. Auch sich daran anschließende Verkäufe der zurückerhaltenen Kryptowährungen bleiben steuerfrei, weil die Jahresfrist seit vielen Jahren abgelaufen ist, selbst wenn ein Verkauf unmittelbar nach der Ausschüttung erfolgt. Das eine oder andere Finanzamt mag das anders sehen, was wir allerdings nicht für richtig halten.
Beispiele für Verluste aus Kryptoinsolvenzen
Beispiel 1: Coins im Betriebsvermögen
Sachverhalt:
- Im Jahr 2013 wurden 25 BTC auf einem privaten Computer gemined.
- Der damalige Marktwert lag bei 100 USD/BTC. Die 25 BTC wurden mit diesem Wert (2.500 USD) ins Betriebsvermögen eingebucht, da das Mining eine gewerbliche Tätigkeit darstellt.
- Der Steuerpflichtige hielt die BTC weiterhin im Betriebsvermögen und transferierte sie 2013 zu Mt. Gox, um sie dort zu verwahren oder zu handeln.
- Im Jahr 2014 wurde Mt. Gox insolvent, und der Steuerpflichtige verlor den Zugriff auf die 25 BTC.
- Der Steuerpflichtige erhält im Jahr 2024 aus der Insolvenz 5 BTC und 50.000 Euro zurück.
- Der Marktwert eines BTC liegt im Jahr 2024 bei 30.000 Euro. 5 BTC sind 2024 daher 150.000 Euro wert.
- Fiatgeld = 50.000 Euro.
Steuerliche Behandlung:
- Fiatwährung: Die 50.000 Euro werden als Betriebseinnahme erfasst.
- Kryptowährung: Die 5 BTC werden zunächst erfolgsneutral als Transfer von der „eigenen“ Wallet zu den damaligen Anschaffungskosten gebucht. Ein späterer Verkauf der 5 BTC führt zu einem steuerpflichtigen Gewinn oder Verlust, abhängig vom Verkaufswert. Ist die Insolvenz abgeschlossen, werden die nicht erstatteten Coins mit ihren Anschaffungskosten als Verlust ausgebucht (falls noch nicht geschehen).
Gesamtauswirkung:
- Der steuerpflichtige Gewinn 2024 erhöht sich zunächst um insgesamt 50.000 Euro. Würde zeitnah verkauft, wäre der Marktwert eine weitere Betriebseinnahme (150.000 Euro BTC).
Beispiel 2: Coins im Privatvermögen
Sachverhalt:
- Im Jahr 2013 wurden 25 BTC auf einem privaten Computer gemined.
- Nach zwei Monaten wurde das Mining eingestellt. Der Steuerpflichtige hat damit seinen etwaigen Gewerbebetrieb jedenfalls aufgegeben (wenn die Tätigkeit überhaupt jemals gewerblicher Natur war).
- Die 25 BTC wurden also mit ihrem damaligen Marktwert von ca. 100 USD/BTC (2.500 USD) ins Privatvermögen übernommen.
- Im Anschluss wurden die 25 BTC auf Mt. Gox transferiert, um die Coins dort zu verwahren oder zu handeln.
- Im Jahr 2014 wurde Mt. Gox insolvent, und der Steuerpflichtige verlor den Zugriff auf die 25 BTC.
- Der Steuerpflichtige erhält im Jahr 2024 aus der Insolvenz 5 BTC und 50.000 Euro zurück.
- Der Marktwert eines BTC liegt im Jahr 2024 bei 30.000 Euro. 5 BTC sind 2024 daher 150.000 Euro wert.
- Fiatgeld = 50.000 Euro.
Steuerliche Behandlung:
- Fiatwährung: Rückzahlungen in Fiatgeld sind steuerneutral, da sie den ursprünglichen Verlust nicht übersteigen.
- Kryptowährung: Die Übertragung der Coins ist eine Rückzahlung der dem Anleger zuzurechnenden Coins, welche bereits 2013 auf die Börse übertragen wurden. Die Coins waren damals schon nicht mehr einem Betriebsvermögen zuzuordnen und stellen deshalb Wirtschaftsgüter im Sinne des § 23 EStG dar. Da die Jahresfrist bereits abgelaufen ist, wäre auch eine zeitnahe Veräußerung in jedem Fall steuerfrei.
Gesamtauswirkung:
- Der Steuerpflichtige kann die zurückerhaltenen Kryptowährungen sofort steuerfrei veräußern. Der Zufluss stellt keine neue Anschaffung dar. Anschaffungskosten und Anschaffungszeitpunkte ergeben sich aus den ursprünglichen Erwerben. Das Fiatgeld bleibt ebenfalls steuerfrei.
WINHELLER berät zu Auszahlungen aus Kryptoinsolvenzen
Die steuerliche Behandlung von Rückzahlungen aus Insolvenzen von Kryptobörsen wie Mt. Gox oder FTX hängt entscheidend davon ab, ob die Coins im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen gehalten wurden.
- Betriebsvermögen: Rückzahlungen in Fiat führen zu steuerpflichtigen Betriebseinnahmen. Rückzahlungen in Kryptowährungen sind zunächst ein steuerneutraler Transfer. Ein späterer Verkauf der Kryptowährungen ist steuerpflichtig. Spätestens bei Abschluss der Insolvenz sind die Anschaffungskosten der nicht erstatteten Coins als Verlust auszubuchen.
(Natürlich ist die konkrete Verbuchung sowohl beim Eintritt in die Insolvenz als auch bei den späteren Erstattungen abhängig von der Frage, ob eine Bilanz oder lediglich eine Einnahmenüberschussrechnung erstellt wird). - Privatvermögen: Rückzahlungen in Fiatgeld sind steuerneutral und Rückzahlungen in Kryptowährungen sind steuerfrei. Rückzahlungen in Kryptowährung gelten nicht als neue Anschaffung und können deshalb ohne Abwarten einer weiteren Jahresfrist sofort vollständig steuerfrei veräußert werden.
Eine gewisse Unsicherheit verbleibt hinsichtlich der Besonderheit, dass Forderungen im japanischen Insolvenzsystem kraft Gesetzes auf YEN lauten. Hierdurch könnte die Wahl des Anlegers, die Auszahlung in Krypto statt in YEN zu verlangen, als Tausch zwischen der Fremdwährungsforderung in YEN und den Kryptowährungen angesehen werden. (Dem steht u.E. die Fiktion der Zurechnung der Wallets im BMF-Schreiben unabhängig von der zivilrechtlichen Wertung entgegen.) In diesem Fall wäre ab dem Zeitpunkt der Wahl eine (neue) Jahresfrist abzuwarten, um die erhaltenen BTC und BCH sodann steuerfrei veräußern zu können.
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