Employer of Record & Professional Employer Organization
EOR und PEO im Spannungsfeld der Arbeitnehmerüberlassung
Unternehmen, die international oder flexibel Personal einsetzen möchten, stoßen zunehmend auf Beschäftigungsmodelle wie den Employer of Record (EOR) und die Professional Employer Organization (PEO). Beide Modelle versprechen schnelle, rechtssichere Personaleinsätze – bergen aber im deutschen Arbeitsrecht erhebliche Fallstricke.
Employer of Record (EOR)
Möchte ein Unternehmen Mitarbeiter im bzw. aus dem Ausland beschäftigen, verfügt jedoch nicht über eine ausländische Niederlassung oder will eine solche nicht begründen, bietet sich das Modell des EOR an. Beim Modell des Employer of Record übernimmt ein externer, im Ausland ansässiger Dienstleister formell die Rolle des rechtlichen Arbeitgebers für Mitarbeitende, die Tätigkeit wird hingegen remote für das Kundenunternehmen ausgeführt. Das Unternehmen steuert weiterhin die inhaltliche Arbeit, der EOR übernimmt dagegen insbesondere:
- Abschluss der Arbeitsverträge nach lokalem Recht
- Lohn- und Gehaltsabrechnung
- Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen
- Einhaltung lokaler arbeitsrechtlicher Vorschriften
- Kommunikation mit Behörden und Sozialversicherungsträgern
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Vorteile des EOR-Modells
Das EOR-Modell birgt viele Vorteile, aber auch einige rechtliche Risiken, die es zu beachten gibt. Vorteilhaft ist insbesondere, dass das EOR-Modell einen schnellen Markteintritt ermöglicht, da hierfür weder die Gründung einer eigenen Niederlassung noch die Anstellung und Administration von Arbeitnehmern erforderlich ist.
Der EOR kümmert sich um sämtliche administrative Anforderungen und trägt als Arbeitgeber das vorwiegende Risiko. Zeit- und arbeitsaufwändige Tätigkeiten wie Payroll, Vertragsmanagement, Meldungen und Behördenkommunikation werden vollständig durch den EOR übernommen. Auch die Einhaltung lokaler arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Anforderungen wird durch den EOR überwacht.
Employer of Record gilt als Arbeitnehmerüberlassung
Bei allen Vorteilen birgt dieses Modell jedoch erhebliche rechtliche Fallstricke, wird es nicht sorgsam umgesetzt und vorab geprüft. Aufgrund der strengen arbeitsrechtlichen Vorschriften in Deutschland und insbesondere aufgrund der Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) wird das EOR-Modell in Deutschland in der Regel als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert: Der EOR fungiert als „Verleiher“, das Kundenunternehmen als „Entleiher“. Wird die Umsetzung ohne rechtliche Begleitung vorgenommen, besteht ein sehr hohes Risiko der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung mitsamt umfassenden rechtlichen Konsequenzen.
Voraussetzungen für EOR-Dienstleistungen
Noch im Jahr 2024 qualifizierte die Agentur für Arbeit nach ihren fachlichen Weisungen zum AÜG das Modell des EOR als weitgehend unzulässig und erklärte, dass das AÜG auch anwendbar sei, wenn sowohl der EOR (Verleiher) als auch der Mitarbeiter im Ausland ansässig seien. Mit Wirkung zum 01.10.2025 wurde die fachliche Weisung zum AÜG begrüßenswerterweise angepasst und EOR-Dienstleistungen gelten nun wieder als zulässig. Dies aber unter der zwingenden Voraussetzung, dass der EOR sowie der Mitarbeiter im Ausland sitzen und der Mitarbeiter ausschließlich online/remote für den Entleiher (Kundenunternehmen) in Deutschland tätig wird.
Sobald eine physische Tätigkeit in Deutschland stattfindet, ist das EOR-Modell unverzüglich als erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung einzustufen, mit der Folge, dass sämtliche Regelungen des AÜG Anwendung finden. Dienstreisen des Mitarbeiters nach Deutschland sollten daher in diesem Modell vermieden werden.
Professional Employer Organization (PEO)
Das PEO-Modell stammt aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis und basiert auf dem Konzept des Co-Employment: Die PEO tritt als „Mit-Arbeitgeber“ auf, der sich mit dem Kundenunternehmen die Arbeitgeberrolle teilt. Typischerweise übernimmt die PEO:
- Payroll-Services
- Administration von Sozialleistungen
- HR-Administration und Compliance-Support
- teilweise auch Unterstützung bei Recruiting und Onboarding
Das Kundenunternehmen bleibt dabei materieller Arbeitgeber und steuert die operative Tätigkeit (Einsatzort, Arbeitsinhalte, Weisungen). Attraktiv wird dieses Modell dadurch, dass wesentliche administrative Tätigkeiten ausgelagert werden, die operative Kontrolle aber beim Kundenunternehmen verbleibt. Über das PEO-Modell erhält man unkompliziert Zugriff auf arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und HR-Expertise, ohne hierfür eigene Strukturen aufbauen zu müssen, und kann damit die eigene Organisation schlank halten.
PEO bei juristischer Einheit im Ausland
Im Unterschied zum EOR setzt das klassische PEO-Modell aber regelmäßig voraus, dass das Unternehmen im betreffenden Staat bereits eine eigene juristische Einheit hat. Die PEO ergänzt und entlastet primär die HR-Funktion, das Kundenunternehmen bleibt jedoch Vertragsarbeitgeber und trägt auch die hiermit einhergehenden Risiken; die PEO wird dabei nur „Mit-Arbeitgeber“. Ein praktischer Anwendungsfall des PEO-Modells liegt insbesondere dann vor, wenn ein deutsches Unternehmen bereits über eine eigene juristische Entität im Ausland verfügt, die komplexen administrativen HR-Aufgaben dort jedoch nicht selbst übernehmen kann oder möchte, etwa weil dies unwirtschaftlich wäre.
Schneller Markteintritt ohne eigene Niederlassung
Denkbar ist auch eine gestufte Kombination von EOR- und PEO-Modell: Für den schnellen Markteintritt kann in einer ersten Phase ohne eigene Niederlassung im Ausland zunächst ein EOR-Modell genutzt werden. Mit weiterem Wachstum und der Gründung einer eigenen Gesellschaft vor Ort kann sodann auf ein PEO-Modell umgestellt werden. Dies ermöglicht einen raschen Markt-eintritt und -ausbau im Ausland, ohne von Beginn an umfassende administrative Strukturen etablieren zu müssen, und zugleich das systematische Nutzen lokalen arbeitsrechtlichen Know-hows.
Kein Co-Employment im deutschen Arbeitsrecht
Für den physischen Einsatz von Mitarbeitern in Deutschland ist das PEO-Modell demgegenüber kaum umsetzbar. Das Modell des „Co-Employment“, also einer geteilten Arbeitgebereigenschaft, ist im deutschen Recht nicht vorgesehen. Zwar kennt das deutsche Arbeitsrecht eine Aufteilung von Weisungsrechten, dies erfolgt jedoch ausschließlich im Rahmen eines Konzernverbunds (z.B. Matrixorganisation), der Arbeitnehmerüberlassung oder eines Auftragsverhältnisses (Dienst- bzw. Werkvertrag).
Das Arbeitgeberrisiko verbleibt dabei stets beim Vertragsarbeitgeber und wird nicht zwischen mehreren Arbeitgebern geteilt. Nach deutschem Verständnis würde ein PEO-Modell daher regelmäßig als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert – mit der Folge, dass die Vorschriften des AÜG Anwendung finden.
Wir begleiten Ihr EOR- und PEO-Projekt
EOR- und PEO-Modelle können für Unternehmen – insbesondere bei internationalem Wachstum und Fachkräftemangel – effiziente Instrumente zur Personalgewinnung und -verwaltung sein. Sie bieten Flexibilität, Geschwindigkeit und Entlastung im administrativen Bereich. Unabhängig von der Produktbezeichnung (EOR, PEO, Global PEO etc.) entscheidet jedoch die tatsächliche praktische Umsetzung über die rechtliche Einordnung.
Unternehmen sollten deshalb vor Einführung oder Nutzung von EOR-/PEO-Modellen eine arbeitsrechtliche und ggf. auch steuerrechtliche Prüfung vornehmen und Vertragsstrukturen entsprechend gestalten. Eine frühe rechtliche Begleitung hilft, kostspielige Fehlqualifikationen und spätere Korrekturen – etwa wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung oder unerwarteter Steuerpflichten – zu vermeiden.
Unsere Leistungen rund um Employer of Record und Professional Employer Organization
Als Kanzlei unterstützen wir Sie umfassend von der strategischen Beratung bis zur rechtssicheren Umsetzung:
- Arbeitsrechtliche Qualifikationsprüfung: Klärung, ob Ihr EOR-/PEO-Modell als zulässige Fremdpersonalüberlassung einzuordnen ist oder AÜG-Erlaubnispflicht besteht; Analyse von Inlandsbezug, Weisungsrechten und tatsächlicher Eingliederung.
- Vertragsgestaltung und Compliance-Roadmap: Prüfung und Optimierung von Servicevertrag, Arbeitsverträgen und internen Richtlinien; Vorbereitung auf AÜG-Erlaubnisantragsverfahren oder Bestätigung des Anwendungsbereichs.
- Betriebsrat-Mitbestimmung und Equal-Pay-Compliance: Unterstützung bei Betriebsrat-Mitbestimmung, Unterrichtungs- und Zustimmungserfordernissen bei Fremdpersonaleinsatz sowie Equal-Pay-Compliance und Arbeitsschutz-Abstimmung.
- Internationale Strukturierung und Entsende-Compliance: Strategische Beratung zu Lokalisierungs- und Entsendealternativen, Prüfung lokaler arbeitsrechtlicher Anforderungen, Koordination mit ausländischen Rechtspartnern und Monitoring von Rechtsänderungen.
Ihr Anwalt für Employer of Record
Für Ihre Fragen rund um Employer of Record (EOR) und Professional Employer Organization (PEO), Co-Employment sowie internationale Personalmodelle stehen Ihnen unsere Experten in Frankfurt und bundesweit zur Verfügung.
Sie erreichen uns am einfachsten per E-Mail (info@winheller.com) oder gerne auch telefonisch (069 76 75 77 85 29).
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FAQ | Häufige Fragen zu Employer of Record & Professional Employer Organzisation
Was ist ein Employer of Record (EOR)?
Ein EOR ist ein externer Arbeitgeber, der im Ausland Arbeitsverträge, Payroll, Steuern und Sozialversicherung für Ihre Mitarbeitenden abwickelt.
Was ist eine Professional Employer Organization (PEO)?
Eine PEO teilt sich im Co‑Employment mit Ihnen Arbeitgeberfunktionen wie Payroll, Benefits und HR‑Administration, meist bei bereits bestehender Einheit im Ausland.
Was ist der Unterschied zwischen EOR und PEO?
EOR erlaubt Einstellungen ohne eigene Niederlassung im Ausland, PEO setzt typischerweise eine eigene Gesellschaft voraus und entlastet vor allem die HR‑Funktion.
Gilt EOR in Deutschland als Arbeitnehmerüberlassung?
Ja, bei Tätigkeit für ein deutsches Unternehmen gilt EOR meist als Arbeitnehmerüberlassung, sodass die Vorgaben des AÜG greifen.
Wann ist eine AÜG‑Erlaubnis nötig?
Bei physischer Tätigkeit oder enger Eingliederung in einen deutschen Betrieb ist in der Regel eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erforderlich.
