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Die zunehmende Digitalisierung beschert der Finanzbranche eine Vielzahl von neuen Geschäftsmodellen. Start-Ups im Finanzbereich, sogenannte FinTechs, schicken sich seit einiger Zeit an, den persönlichen Bank- und Finanzberater zu verdrängen.
Stattdessen sollen unter Nutzung von Big Data automatisierte Algorithmen Anlageempfehlungen aussprechen oder gleich das Vermögen der Kunden verwalten. Dieses sogenannte Robo-Advisory verspricht kostengünstiger und effizienter zu sein und richtet sich insbesondere an Anleger mit kleineren Depots, die auf die teuren Vermögensberater der Banken oft nicht zurückgreifen können. Allerdings sind beim Robo-Advisory einige aufsichtsrechtliche Hürden zu beachten, die wir hier aufführen.
Zahlreiche der möglichen Tätigkeiten eines Robo-Advisors unterfallen dem aufsichtsrechtlichen Begriff der Finanzdienstleistung:
Eine Anlageberatung gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1a KWG ist immer dann gegeben, wenn aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Anlegers, Ratschläge zu konkreten Investitionen in Finanzinstrumente gegeben werden. Dies ist ein typischer Fall eines Robo-Advisors, bei dem der Kunde zunächst einen mehr oder minder detaillierten Fragebogen zu seinen Vermögensverhältnissen und seiner Risikoneigung ausfüllen muss und dann eine entsprechende Anlageempfehlung erhält.
Ob im Einzelfall eine Anlageberatung vorliegt, richtet sich jedoch nicht nach der Vollständigkeit des Fragebogens, sondern nach dem Detailgrad der Empfehlung:
Bei der aufsichtsrechtlichen Bewertung kommt es jedoch stets auf den konkreten Einzelfall an. In jedem Fall sollte das geplante Geschäftsmodell vorher aufsichtsrechtlich überprüft werden, um spätere unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Die Anlagevermittlung gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG ist die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten. Diese liegt zum einen dann vor, wenn der Robo-Advisor als Bote des Anlegers gegenüber dem Anbieter des Finanzprodukts fungiert.
Ist es zum Beispiel möglich, von der Webseite des Robo-Advisors aus, ein angebotenes Finanzprodukt zu erwerben, liegt eine Anlagevermittlung vor. Aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht leicht erkennbar, gilt darüber hinaus auch das gezielte Fördern der Abschlussbereitschaft des Anlegers als Anlagevermittlung. Hier existiert ein weites Feld, bei der die Abgrenzung zwischen erlaubnispflichtiger Anlagevermittlung und erlaubnisfreier Information schwerfällt.
Die Abschlussvermittlung gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 2 KWG unterscheidet sich von der Anlagevermittlung dahingehend, dass der Vermittler nicht als Bote des Anlegers, sondern als dessen Vertreter auftritt. Welche der beiden Tatbestandsvarianten einschlägig ist, entscheidet sich nach der zivilrechtlichen Ausgestaltung des konkreten Einzelfalls.
Neben diesen Möglichkeiten tritt noch die (automatisierte) Finanzportfolioverwaltung gemäß § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 3 KWG. Dabei wird dem Kunden nicht nur einmalig die Anlage in bestimmte Finanzinstrumente empfohlen. Vielmehr werden die Angaben des Anlegers zu seinen Verhältnissen und Anlagezielen genutzt, um durch einen Algorithmus fortlaufend das Portfolio des Anlegers zu verwalten und zu verändern. Der Kunde trifft also die Anlageentscheidung nicht selbst. Das Depot des Kunden liegt dabei bei einer Depotbank, für die der Kunde dem Verwalter eine sogenannte Dispositionsvollmacht erteilt hat.
FinTechs, die eine der genannten Dienstleistungen erbringen wollen, müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, um die erforderliche BaFin-Lizenz zu erhalten. Dazu gehört ein Anfangskapital von mindestens 50.000 Euro. Dazu müssen die Eigenmittelanforderungen der Capital Requirements Regulation und Capital Requirements Directive (CRR/CRD) erfüllt werden.
Zusätzlich haben solche Robo-Advisory-Firmen die Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten des 6. Abschnitts des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) zu beachten. Dazu gehört
Bei einer automatisierten Anlageberatung durch einen Robo-Advisor muss daher zunächst bestimmt werden, welcher natürlichen Person die Beratung zugerechnet werden kann. Dies kann im Einzelfall natürlich schwierig sein.
Selbiges gilt für das Erfordernis nach § 34d Abs. 1 WpHG, nachdem ein Unternehmen der BaFin anzeigen muss, wenn es einen Mitarbeiter zur Anlageberatung einsetzen will. Ist jemand, der einen Algorithmus zur Anlageberatung programmiert, Mitarbeiter im Sinne des Gesetzes? Auch hier bieten wir FinTechs unsere rechtliche Expertise an, damit sie gesetzlichen Anforderungen gerecht werden und die Erlaubniserteilung nicht gefährdet wird.
Hinzu kommen natürlich noch die Präventionsvorschriften des Geldwäschegesetzes:
Wer den Aufwand einer BaFin-Lizenz scheut, dem bietet die Bereichsausnahme des § 2 Absatz 6 Satz 1 Nr. 8 KWG einen Ausweg
Erlaubnisfrei sind allerdings auch solche Tätigkeiten nicht. Vielmehr benötigen Unternehmen, die im Rahmen der Bereichsausnahme tätig werden wollen, eine gewerberechtliche Erlaubnis gemäß § 34f der Gewerbeordnung (GewO). Diese wird nicht einfach auf Antrag erteilt, sondern benötigt eine vorhergehende Sachkundeprüfung gemäß § 1 der Finanzanlagenvermittlungsverordnung bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer:
Eine geschickte Möglichkeit, die Erlaubnispflichten sowohl nach dem KWG als auch nach der GewO komplett zu umgehen, ist die Kooperation mit einem bereits entsprechend regulierten Institut. In einer solchen Kooperation übernimmt das regulierte Institut - z.B. eine Bank - die aufsichtsrechtlich relevanten Tätigkeiten.
Das FinTech würde sich dabei auf die Fortentwicklung des Robo-Advisors konzentrieren und damit lediglich das „FrontEnd“ für den Anleger bereitstellen. Das FinTech-Unternehmen wäre somit der regulatorischen Anforderungen entledigt und könnte gleichzeitig von der BaFin-Lizenz des kooperierenden Instituts profitieren.
Allerdings muss dabei beachtet werden, dass der Kooperationsvertrag präzise formuliert ist, die Aufgabenverteilung klar ist und dies auch tatsächlich so durchgeführt wird. Fehler an dieser Stelle können rasch zu einem Verstoß gegen das Aufsichtsrecht führen. Darüber hinaus sollte hinsichtlich der Geschäftsidee auch klar geregelt werden, wem welche Markenrechte und welches geistige Eigentum (IP) zustehen soll.
Möchten Sie oder Ihr Unternehmen automatisierte Dienstleistungen im Finanzbereich erbringen, empfehlen wir Ihnen, sich vor Geschäftsaufnahme über eine potentielle Erlaubnispflicht und die möglichen Gestaltungen der Unternehmenstätigkeit mit uns zu unterhalten. Ihre Ansprechpartner zu allen aufsichtsrechtlichen Fragen im Bereich Robo-Advisory und FinTech sind
Sie erreichen uns am einfachsten per E-Mail (info@winheller.com) oder gerne auch telefonisch (069 / 76 75 77 80).
22.12.2022 - Michael Rudolf Kissler
12.10.2022 - Michael Rudolf Kissler
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