Finanzierung von Vereinen
Projektfinanzierung für soziale und gemeinnützige Einrichtungen sowie Religionsgemeinschaften
Auch Vereine müssen häufig große Summen investieren, um ihren vielfältigen Aufgaben nachkommen zu können. Beispiele für zu finanzierende Projekte können sein:
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Renovierung einer Immobilie (z.B. eines Krankenhauses, eines Kindergartens oder einer Pflegeeinrichtung),
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Anschaffung neuer Fahrzeuge, Ausrüstung oder Technik,
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Projekte der Zweckverwirklichung.

Der klassische Finanzierungsmix
Soweit zur Finanzierung größerer Projekte Eigenkapital in Form von freien Rücklagen nicht in ausreichendem Umfang vorhanden ist, kann der Verein seine Eigenkapitalausstattung durch zusätzliche Mittel wie die Erhöhung des Mitgliedsbeitrags oder eine einmalige Umlage oder durch Spenden und Sponsoring verbessern. Daneben stehen grundsätzlich auch die klassischen Finanzierungsinstrumente wie Fördergelder und Bankkredite zur Verfügung.
Indes werden angesichts leerer Kassen zunehmend Fördergelder gekürzt und Förderprogramme gestrichen. Auch die Aufnahme von Fremdkapital in Form von Bankkrediten wird immer schwieriger. Vereine sind im Retailgeschäft (Massegeschäft), bei dem Kreditvergaben nahezu vollständig standardisiert erfolgen, als Kunden nicht vorgesehen. Im Regelfall sind Kreditinstitute eher bereit, Vereinsprojekte zu fördern, wenn das Finanzierungsvolumen ausreichend groß und der Prozess der Kreditvergabe nicht standardisiert ist. In diesem Fall wird dann aber die Kreditvergabe an das Vorhandensein ausreichender Sicherheiten oder Bürgschaften, etwa durch die Stadt oder die Kommune, geknüpft. Es wird daher immer wichtiger, den klassischen Finanzierungsmix gemeinnütziger Vereinsprojekte bestehend aus Eigenkapital, Fördergeldern und Bankkrediten, um weitere Bausteine zu ergänzen.
Mitgliederdarlehen
Bei einem geringeren Finanzierungsbedarf kann der klassische Finanzierungsmix gut durch Mitgliederdarlehen ergänzt werden. Hierzu stellen Mitglieder dem Verein Geldmittel als Darlehen (§§ 488 ff. BGB) für eine bestimmte Zeit zur Verfügung. Der Verein hat diese später wieder an die Mitglieder zurückzuzahlen und im Gegenzug für die zeitweise Kapitalüberlassung Zinsen zu zahlen. Es müssen daher ausreichend Einnahmen erwirtschaftet werden, um die Darlehen zurückzuzahlen.
Da derjenige, der rückzahlbare Gelder von Dritten entgegennimmt, genehmigungspflichtiges Einlagengeschäft betreibt, müssen die Gelder zudem auf der Grundlage eines partiarischen Darlehens oder eines qualifizierten Nachrangdarlehens vereinnahmt werden. Als Mittel der Refinanzierung stehen damit für Vereine und soziale, gemeinnützige und religiöse Einrichtungen das qualifizierte Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen zur Verfügung.
Partiarische Darlehen und qualifizierte Nachrangdarlehen sind Darlehen (§§ 488 ff. BGB). Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Darlehen erhält der Investor bei partiarischen Darlehen allerdings keinen festen Zins, sondern eine gewinnabhängige Vergütung für die Hingabe des Kapitals. Im Fall von sozialen, gemeinnützigen und religiösen Einrichtungen als Darlehensnehmer ist allerdings stets im Einzelfall zu prüfen, inwieweit ein partiarisches Darlehen zulässig ist. Eine Beteiligung Dritter am Erfolg einer gemeinnützigen Körperschaft kann nämlich gemeinnützigkeitsrechtlich problematisch sein.
Wegen der partiarische Komponente des Darlehens, die vom erwirtschafteten Gewinn abhängt, ist daher das qualifizierte Nachrangdarlehen die in der Praxis favorisierte Finanzierungsform.
Bei einem Nachrangdarlehen wird die Forderung des Geldgebers im Insolvenzfall des Vereins erst bedient, wenn sämtliche Gläubiger befriedigt wurden. Diese Bedingung wird als Rangrücktritt, Subordination oder Nachrangabrede bezeichnet und ist Teil des Darlehensvertrags. Der Darlehensgeber tritt mit seinen Forderungen im Rang hinter alle übrigen Gläubiger zurück, wofür er im Gegenzug aber regelmäßig eine etwas höhere Verzinsung erhält.
Der sog. Rangrücktritt des Darlehensgebers erhöht zwar rein rechtlich sein Risiko, jedoch dürfte – von Fananleihen im Sport einmal abgesehen – das tatsächliche Risiko bei Investitionen in eine soziale, gemeinnützige oder religiöse Einrichtung eher gering sein. Das erleichtert Investoren die Akzeptanz der aus Anlegersicht ansonsten generell kritisch zu beurteilenden Nachrangklausel.
Beim qualifizierten Nachrang vereinbaren die Parteien zudem, dass die Forderungen des Anlegers schon dann nicht bedient werden, wenn die Rückzahlung einen Insolvenzgrund herbeiführen würde. Ein Nachrangdarlehen kann daher einen Verein nicht in die Insolvenz treiben. Vorher wird die Rückzahlung verzögert, oder das Darlehen fällt ganz aus.
Ein weiterer Vorteil von qualifizierten Nachrangdarlehen ist ihre eigenkapitalähnliche Struktur. Sie gehören zum Mezzanine-Kapital, einer Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital. Dies hat den Charme, dass sie die Bereitschaft von Banken zur Kreditvergabe erhöhen, sodass im Ergebnis die Finanzmittel aus dem qualifizierten Nachrangdarlehen zusammen mit weiteren Finanzmitteln aus der Kreditvergabe von Banken gebündelt zur Verfügung stehen.
Werden qualifizierte Nachrangdarlehen von Mitgliedern vereinnahmt, so unterliegen diese im Regelfall auch nicht den Anforderungen des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG).
Die Beteiligung an der Finanzierung sozialer, gemeinnütziger oder religiöser Vorhaben ist häufig von starken ideellen Motiven geprägt, weil sich die Interessenten der Vermögensanlagen in aller Regel mit den gemeinnützigen Zielen identifizieren, die die Einrichtung generell und mit dem zu finanzierenden Vorhaben konkret verfolgt. Unter den eigenen Mitgliedern lässt sich eine Vermögensanlage daher meist besonders gut vermarkten.
Weitere nicht regulierte Darlehen
Fremdmittel, die im Inland öffentlich eingeworben werden, und die auf der Grundlage eines qualifizierten Nachrangdarlehens vereinnahmt werden, können wie Mitgliederdarlehen, ohne dass die Anforderungen des VermAnlG einzuhalten sind, vereinnahmt werden, wenn diese
- von nicht mehr als 20 Geldgebern herrühren oder
- in einem Zeitraum von zwölf Monaten insgesamt den Betrag von 100.000 Euro nicht übersteigen oder
- nur Beträge mit einer Darlehenssumme von jeweils mindestens 200.000 Euro entgegengenommen werden.
Privilegierte Darlehen zur Finanzierung von sozialen und gemeinnützigen Projekten und für Religionsgemeinschaften
Soweit die Entgegennahme von Geldern auf der Grundlage eines qualifizierten Nachrangdarlehens nicht wie zuvor beschrieben unreguliert ist, sind grundsätzlich die kostenintensiven gesetzlichen Anforderungen nach dem VermAnlG einzuhalten. Dies bedeutet, dass der Verein vor dem Beginn des Einwerbens der Fremdmittel neben einem Verkaufsprospekt, der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu billigen ist (Prospektpflicht), ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen hat.
Jedoch hat der Gesetzgeber im VermAnlG für nicht kommerziell arbeitende Organisationen gewisse Erleichterungen von den strengen Vorgaben des VermAnlG vorgesehen.
Keine Prospektpflicht für NPOs
So entfällt bei der Finanzmittelbeschaffung für soziale Projekte die Prospektpflicht unter den Voraussetzungen des § 2b VermAnlG für Vereine, sofern sie eine in der Satzung festgelegte soziale Zielsetzung und höchstens 10.000.000 Euro Bilanzsumme und höchstens 10.000.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag aufweisen. Sie haben lediglich ein Informationsblatt, das den Anforderungen des VermAnlG entspricht, zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen.
Nonprofit-Organisationen (NPOs), die sich über die Emission von Vermögensanlagen Mittel beschaffen möchten, haben daher
- geeignete Verträge, die direkt mit den Investoren abgeschlossen werden, sowie
- ein sog. Vermögensanlagen-Informationsblatt zu erstellen und zu veröffentlichen.
Körperschaften, die nach der Abgabenordnung als gemeinnützig anerkannt sind, und inländische Kirchen und vergleichbare Religionsgemeinschaften unterliegen unter den Voraussetzungen des § 2c VermAnlG weder der Prospektpflicht noch haben sie ein Informationsblatt zu erstellen. Sie haben daher lediglich geeignete Verträge zu entwerfen, auf deren Grundlage die Fremdmittel eingeworben und entgegengenommen werden können.
Anforderungen an den Vertrieb
Allerdings unterliegen auch NPOs § 5b Abs. 3 VermAnlG. Danach sind zum öffentlichen Angebot im Inland nur solche Vermögensanlagen zugelassen, die im Wege der Anlageberatung oder Anlagevermittlung durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder einen Finanzanlagenvermittler vertrieben werden.
Crowdfunding-Plattformen, die über eine Gewerbeerlaubnis als Finanzanlagenvermittler zur Vermittlung von Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des VermAnlG nach § 34f Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Gewerbeordnung verfügen, genügen diesen Anforderungen.
Moderne Schwarmfinanzierungsformen
Daneben stehen zur Finanzierung von Großprojekten als weitere Bausteine Schwarmfinanzierungsformen wie etwa das Crowdfunding und Crowdlending zur Verfügung. Schwarmfinanzierung geschieht mittels Onlineplattformen, auf denen Vereine ihr Projekt vorstellen und um Fördergelder bitten können. Verbunden wird dies meist mit dem sog. Fundraising, einer Marketingstrategie, die das Ziel verfolgt, möglichst viele Geldgeber und Förderer als Unterstützer zu gewinnen.
Crowdfunding-Kampagnen beruhen auf dem Alles-oder-Nichts-Prinzip, d.h. innerhalb eines festgelegten Zeitraums muss ein vorgegebener Kapitalbetrag eingesammelt werden. Dieser fließt nur dann an den Verein, wenn die volle Summe innerhalb der vorgegebenen Frist eingesammelt werden konnte. Fehlt auch nur ein Euro, kommt das Projekt nicht zustande und es wird kein Kapital transferiert. Crowdfunding kann als spendenbasiertes Crowdfunding oder belohnungsbasiertes Crowdfunding ausgestaltet werden. Anders als bei dem spendenbasierten Crowdfunding, das eine Spende ohne Gegenleistung ist, erhalten bei dem belohnungsbasierten Crowdfunding die Unterstützer für ihren hingegebenen Geldbetrag eine Gegenleistung in Form von Gutscheinen oder Geschenken, die in einer Beziehung zu dem zu finanzierenden Projekt stehen.
Beim Crowdlending erhält der Verein ein qualifiziertes Nachrangdarlehen (§§ 488 ff. BGB), das sog. Crowd-Darlehen, von einer Vielzahl von Menschen – der Crowd.
Soweit die Entgegennahme der Gelder in den Anwendungsbereich des VermAnlG fällt, ist diese nur zulässig, wenn die Crowdfunding-Plattform über eine Gewerbeerlaubnis als Finanzanlagenvermittler zur Vermittlung von Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des VermAnlG nach § 34f Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Gewerbeordnung verfügt. Ist dies nicht der Fall, dürfen keine Gelder entgegengenommen werden.
Greift keine Befreiungen für soziale Projekte, unterliegt die Fremdmittelaufnahme durch andere Körperschaften als solche, die nach der Abgabenordnung als gemeinnützig anerkannt sind, und die auch keine inländische Kirchen oder vergleichbare Religionsgemeinschaften sind, den kostenintensiven gesetzlichen Anforderungen nach dem VermAnlG. Insbesondere ist vor dem Beginn des öffentlichen Angebots neben einem Verkaufsprospekt, der von der BaFin vor dem Beginn des Crowdlending zu billigen ist (Prospektpflicht), ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen.
Die Prospektpflicht entfällt und es ist nur das Informationsblatt zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen, sofern der Gesamtbetrag der über die Onlineplattform eingeworbenen Finanzmittel in einem Zeitraum von zwölf Monaten nicht höher als 6 Mio. Euro ist und pro Geldgeber die folgenden Beträge nicht übersteigt:
- 1.000 Euro,
- 10.000 Euro, sofern der jeweilige Geldgeber nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumenten von mindestens 100.000 Euro verfügt, oder
- zweifacher Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des jeweiligen Geldgebers nach einer von ihm zu erteilenden Selbstauskunft, höchstens jedoch 25.000 Euro.
Eine generelle Aussage, ob Crowdfunding zur Finanzmittelbeschaffung geeignet ist, ist nicht möglich. Die Entscheidung für oder gegen diese Finanzierungsform ist vielmehr in jedem Einzelfall in Abhängigkeit von der Höhe des Finanzmittelbardarfs, dem Vorhandensein alternativer Finanzierungsformen und den Kosten für das Crowdfunding, einschließlich der Kosten für die Nutzung der Crowdfunding-Plattform zu treffen.
Kostenvorteile gegenüber Bankfinanzierungen
Die Fremdmittelbeschaffung auf der Grundlage eines qualifizierten Nachrangdarlehens kann verschiedene Vorteile gegenüber einer herkömmlichen Bankfinanzierung haben:
- Reduzierung der Finanzierungskosten für die Kapitalüberlassung, u.a. durch eine Erhöhung der Eigenkapitalquote
- keine banküblichen Gebühren und Kosten
- Beratungskosten sind in der Regel moderat, wenn kein Prospekt erstellt werden muss und ein BaFin-Billigungsverfahren entfällt
- keine Einflussnahme der Darlehensgeber auf die Geschäfte der NPO; keine Forderung nach Sicherheiten; keine Kontrolle hinsichtlich der Mittelverwendung
- einfache Vermarktung unter Vereinsmitgliedern
- Vermarktung an ein breites Publikum durch Crowdfunding-Plattformen
Was können wir für Sie tun?
Jede Fremdfinanzierung erfordert eine gute Vorbereitung unter Hinzuziehung eines anwaltlichen Beraters. Denn wird das falsche Darlehenskonstrukt gewählt, besteht die Gefahr, dass die BaFin die Entgegennahme der Gelder als das Betreiben eines genehmigungspflichtigen Einlagengeschäfts einstuft.
Als Berater des Dritten Sektors kennen wir die Finanzierungsnöte von NPOs und stehen Ihnen bei Ihren Finanzierungsvorhaben gerne zur Seite, z.B. bei der
- Planung Ihres Finanzierungsvorhabens,
- Prüfung, ob die Finanzierung BaFin-erlaubnispflichtig ist,
- Gestaltung von Finanzierungsvorhaben, sodass eine BaFin-Erlaubnispflicht nicht ausgelöst wird,
- Abstimmung mit der BaFin, der Gestaltung der nötigen Prospekte und der Durchführung des BaFin-Erlaubnisverfahrens,
- Gestaltung sämtlicher notwendiger Vertragstexte,
- Begleitung Ihres Finanzierungsvorhabens in steuerlicher und gemeinnützigkeitsrechtlicher Hinsicht zur Vermeidung gemeinnützigkeitsrechtlicher Risiken.
Ihr Anwalt für sämtliche Finanzierungsfragen von NPOs
WINHELLER gehört deutschlandweit zu den führenden Adressen bei Fragen zum Gemeinnützigkeitsrecht und in der Beratung von NPOs. Wir kennen die Grundlagen des dritten Sektors und beherrschen gleichzeitig das Recht der Finanzierung.
Ihre Ansprechpartner für von sozialen, gemeinnützigen und religiösen Einrichtungen begebenen Vermögensanlagen erreichen Sie am einfachsten per E-Mail (info@winheller.com) oder gerne auch telefonisch (069 76 75 77 80). Zögern Sie nicht, mit Ihren Fragen auf uns zuzukommen. Wir freuen uns auf Sie!
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