Kryptobesteuerung bei Wegzug

Kryptobesteuerung bei Wegzug aus Deutschland

Deutsche Besteuerung von Kryptoeinkünften trotz Wegzugs aus Deutschland

Kryptogewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen sind in Deutschland steuerpflichtig, jedenfalls Gewinne aus kurzfristigem Trading. Auch Staking- und Lending-Einkünfte unterliegen der deutschen Besteuerung. Der eine oder andere Kryptoinvestor wird sich daher fragen: Sollte ich vielleicht einfach auswandern? In eine Kryptooase, die keine oder eine geringere Steuer auf Kryptogewinne erhebt? An sich wäre das ein Leichtes, wäre da nicht das Außensteuergesetz.

Kryptobesteuerung bei Wegzug aus Deutschland

Erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 2 AStG

Denn § 2 des Außensteuergesetzes (AStG) enthält eine Regelung, die besagt, dass die beschränkte Steuerpflicht eines deutschen Staatsbürgers, der in ein Niedrigsteuerland ausgewandert ist und in Deutschland mindestens fünf Jahre (innerhalb eines Zehnjahreszeitraums vor Beendigung der Steuerpflicht durch den Wegzug) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen (in Deutschland) hat, maximal 11 Jahre weiter gilt.

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Steuerpflicht in Deutschland bis zu 11 Jahre nach Wegzug

Das bedeutet, dass die in Deutschland erzielten Einkünfte weiterhin für maximal 11 Jahre der deutschen (beschränkten) Steuerpflicht unterliegen. Hiervon sind alle Einkünfte im Sinne des § 2 EStG umfasst, demnach auch sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 i.V.m. § 23 EStG, also private Veräußerungsgeschäfte. So sind beispielsweise auch Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen betroffen. Gleiches gilt für Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG aus Staking und Lending.

Video: Mit Kryptos ins Ausland ziehen | Achtung bei Trading-GmbH

Wann wird ein Land als Niedrigsteuerland eingestuft?

Ein Land mit niedriger Besteuerung liegt dann vor, wenn die Belastung durch Einkommensteuer – unter Berücksichtigung von Freibeträgen – bei einer unverheirateten natürlichen Person mit einem Einkommen von 77.000 Euro pro Jahr um mehr als ein Drittel geringer ist als in Deutschland unter gleichen Bedingungen.

Doch unabhängig davon ist ein Land auch dann als Niedrigsteuerland zu bewerten, wenn dem Steuerpflichtigen dort eine sog. Vorzugsbesteuerung gewährt wird. Das kann z.B. der Fall sein, wenn das Land eine besonders günstige Besteuerung von Kryptogewinnen vorsieht.

Was versteht man unter „wesentliche wirtschaftliche Interessen“?

Vereinfacht ausgedrückt hat der Steuerpflichtige dann wesentliche Interessen im Inland, wenn 

  • er entweder Gesellschafter eines inländischen Gewerbebetriebs oder einer inländischen Kapitalgesellschaft ist, 
  • seine „nicht ausländischen“ Einkünfte gewisse Grenzen überschreiten (> 62.000 Euro) oder 
  • er über ein „nicht ausländisches“ Vermögen verfügt, das ebenfalls gewisse Grenzen übersteigt (> 154.000 Euro).

Quasi-Ausschluss des § 2 AStG durch § 34d EStG

Die gute Nachricht: Ausländische Einkünfte unterfallen nicht der erweiterten beschränkten Steuerpflicht. Wann im Fall von Kryptoinvestments von ausländischen Einkünften auszugehen ist, ist allerdings bisher nicht geklärt und äußerst schwierig zu bestimmen.

Die „Belegenheit“ von Kryptowerten nach § 34d Nr. 8 Buchst. b EStG

§ 34d EStG zählt eine Vielzahl von Einkunftsarten auf, darunter Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 34d Nr. 8 Buchst. b EStG). Ausländische Einkünfte liegen danach vor, wenn die veräußerten Wirtschaftsgüter „in einem ausländischen Staat belegen“ sind. Was dies in Bezug auf Kryptowährungen im Einzelnen bedeutet, ist fraglich.

Denn: Kryptowerte liegen auf der Blockchain, also gewissermaßen „überall und nirgendwo“. Wollte man davon ausgehen, lägen sie also wohl auch in Deutschland, aber daneben natürlich auch „in einem ausländischen Staat“, nämlich in allen anderen Ländern.

Das ist offensichtlich ein unbefriedigendes Ergebnis. Ähnlich unbefriedigend und zufällig ist letztlich – aus unterschiedlichen Gründen – das Anknüpfen an Kriterien wie z.B. an den Sitz der Nodes oder des Emittenten oder des Wallet-Anbieters oder auch an den Ort, an dem sich die Private Keys bzw. Wallets des Steuerpflichtigen befinden.

Anknüpfung an den Sitz des Inhabers des Private Key bzw. der Handelsplattform

Die Unwägbarkeiten der oben dargestellten Anknüpfungspunkte lassen sich vermeiden, wenn man für die Frage der Belegenheit der Kryptowerte auf den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt des Steuerpflichtigen selbst abstellt, der den Private Key bzw. die sog. „Seed Phrase“ kennt und damit als Inhaber der Kryptowerte anzusehen ist, da er als einziger Mensch die Verfügungsmacht über die Kryptowerte hat.

Gleiches würde im Fall der Verwahrung von Kryptowährungen auf den Wallets einer Handelsplattform gelten. Zivilrechtlich ist in diesen Fällen zwar die Handelsplattform Inhaberin der Wallets. Sie hält die Kryptowerte allerdings treuhänderisch für ihren Kunden, den Steuerpflichtigen. Wirtschaftlich betrachtet sind daher diesem die Kryptowerte zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Auch insoweit bestünde also ein Gleichlauf, was den Ort der Belegenheit der Kryptowerte angeht: Entscheidend wäre stets der Wohnsitz bzw. gewöhnliche Aufenthalt des Steuerpflichtigen selbst. Wo er sich befindet, sind auch seine Kryptowährungen belegen, auf die er von überall zugreifen kann.

Sofern sich der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Steuerpflichtigen nach dem Wegzug aus Deutschland im Ausland befindet, wären die Kryptowerte des Steuerpflichtigen also im Ausland belegen. Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen unterfielen dann u.E. nicht der erweiterten beschränkten deutschen Steuerpflicht.

Wie werden Staking und Lending bei Auswanderung besteuert?

Für das Staking sowie Lending gilt der § 34d Nr. 8 Buchst. c EStG.

Danach liegen ausländische Einkünfte dann vor, wenn der zur Vergütung Verpflichtete

  • Wohnsitz,
  • Geschäftsleitung oder
  • Sitz

in einem ausländischen Staat hat. Hinsichtlich des Staking und des Lending kommt es im Ergebnis für die Frage, ob ausländische Einkünfte vorliegen, also darauf an, wo sich der „Sitz“ des jeweiligen Protokolls (der dezentralen App oder gar dezentralen Börse) bzw. der (zentralen) Handelsplattformen befindet.

Betreibt der Steuerpflichtige also Lending und Staking unter Einsatz von Anbietern/Protokollen mit „Sitz“ im Ausland, bezieht er ausländische Einkünfte, für die die erweiterte beschränkte deutsche Steuerpflicht u.E. nicht gilt
 

Ausschluss der erweiterten beschränkten Steuerpflicht durch ein DBA

Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht kann auch durch ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ausgeschlossen oder modifiziert sein. Die erweitert beschränkte Steuerpflicht kann somit vor allem Wirkung beim Wegzug in ein Land entfalten, mit dem Deutschland kein DBA geschlossen hat, z.B.

  • Brasilien, 
  • Chile, 
  • El Salvador, 
  • Haiti, 
  • Hongkong, 
  • Monaco, 
  • Panama, 
  • Puerto Rico und 
  • Seychellen.

Achtung: Ungeklärte Rechtslage

Die hier gemachten Aussagen, insbesondere zur Belegenheit von Kryptowerten, stellen unsere Rechtsauffassung dar. Offizielle Verlautbarungen der Finanzverwaltung existieren bisher nicht. Auch die Rechtsprechung hat sich mit den hier besprochenen Themen noch nicht befasst. Es ist also möglich, dass Finanzverwaltung und/oder Rechtsprechung eine abweichende Meinung vertreten. 

Bevor Sie Ihre Wegzugspläne umsetzen, sollten Sie daher noch einmal innehalten und Ihre konkrete Situation einer gründlichen Prüfung unterziehen (lassen).

Gerne übernehmen wir dies für Sie und stimmen uns in Bezug auf Ihren konkreten Fall mit Ihrem Finanzamt ab, z.B. in Form eines Antrags auf verbindliche Auskunft, sodass Sie wissen, auf was Sie sich steuerlich mit Ihrem Wegzug einlassen.

Ihre Berater für Steuerfragen bei Wegzug und Auswanderung

Sollten Sie aus Deutschland weggezogen sein oder entsprechende Pläne hegen und hinsichtlich der erweiterten beschränkten Steuerpflicht in Deutschland Fragen haben, klären wir Sie gerne vollumfänglich über alle Einzelheiten auf und suchen mit Ihnen gemeinsam eine individuelle Lösung. Melden Sie sich dazu gerne bei uns. Unsere Ansprechpartner erreichen Sie per E-Mail (info@winheller.com), telefonisch (069 76 75 77 85 31) oder über unseren Online-Fragenbogen zum internationalen Steuerrecht.

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