Außensteuerrecht und Außensteuergesetz
Das Außensteuerrecht birgt immer wieder unvorhergesehene Steuerfallen, die mitunter zu erheblichen Steuernachzahlungen führen können. Nicht nur für Unternehmer mit internationalen Geschäftsaktivitäten, sondern auch für selbstständige Gewerbetreibende und Freiberufler sowie Unternehmen selbst spielt das Außensteuerrecht eine wichtige Rolle und darf bei internationalen Gestaltungen und Investments nicht übersehen werden.
Steuern sparen durch Wegzug oder Gesellschaftsgründung im Ausland? Achtung Hinzurechnungsbesteuerung
Angesichts der vergleichsweise hohen Steuerbelastung in Deutschland streben viele vermögende Steuerpflichtige und Unternehmen danach, ihre Steuerlast durch eine internationale Verlagerung von Gewinnen zu reduzieren. Die Verlockung ist groß: Zahlreiche Länder und Steueroasen locken Unternehmen und Privatpersonen mit niedrigen Steuersätzen oder sogar einer Nullbesteuerung.
So einfach, wie es den Anschein hat, ist es in der Realität aber nicht. Denn das deutsche Außensteuerrecht verhindert recht wirksam, dass Gewinne künstlich ins Niedrigsteuerausland verlagert und dort kaum oder gar nicht besteuert werden. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet das Außensteuergesetz (AStG) in Form der sog. Hinzurechnungsbesteuerung. Es ist der „natürliche Feind“ des nach einer günstigen Besteuerung strebenden Steuerpflichtigen.
Steuerpflicht in Deutschland: Sitz und/oder Geschäftsleitung im Inland
Die Steuerpflicht von Unternehmen und Privatpersonen in Deutschland hängt grundsätzlich davon ab, dass das Unternehmen in Deutschland seinen Sitz hat oder seine Geschäftsführung in Deutschland belegen ist. Für natürliche Personen kommt es auf den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland an. Man spricht in diesen Fällen von der sog. unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland.
Wer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist bzw. in Deutschland nach den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen ansässig ist, muss grundsätzlich sein weltweit erzieltes Einkommen in Deutschland versteuern (Welteinkommensprinzip bzw. Ansässigkeitsprinzip).
Beschränkte Steuerpflicht in Deutschland: Inländische Einkünfte
Gewisse Einkünfte, die Steuerpflichtige im Ausland aus deutschen Quellen beziehen, z.B.
- Mieten aus vermieteten deutschen Immobilien,
- Kapitalerträge aus Deutschland,
- Gewinne aus deutschen Betriebsstätten etc.,
unterliegen außerdem der sog. beschränkten deutschen Steuerpflicht (Territorialprinzip).
Vermeidung der deutschen Besteuerung durch Gründung im Ausland?
Was liegt da näher, als ins Ausland zu verziehen oder/und ein Unternehmen mit Sitz und Geschäftsführung im Ausland zu gründen und auf sämtliche inländischen/deutschen Einkünfte zu verzichten? An sich wären die so erzielten Gewinne im Ausland in Deutschland nicht steuerpflichtig. Das gilt aber nur in der Theorie. Seit vielen Jahren steht diesem Ansatz nämlich das deutsche Außensteuerrecht im Weg. Seine Regeln zu vermeiden, bedarf einer intensiven Planung und Vorbereitung und meist auch viel Geduld.
Wegzugsteuer bei Wegzug ins Ausland
Speziell für unternehmerisch tätige Steuerpflichtige ist die Wegzugsteuer bzw. Entstrickungsbesteuerung ein großes Risiko. Sie greift, wenn ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (z.B. ein mind. 1-prozentiger Gesellschafter einer GmbH oder einer ausländischen Kapitalgesellschaft) oder ein Einzelunternehmer ins Ausland verzieht und damit seine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland aufgibt bzw. im Ausland gemäß den einschlägigen DBA-Regelungen ansässig wird.
Der Wegzügler muss, von Ausnahmen abgesehen, im Zweifel sämtliche sog. stillen Reserven aufdecken und versteuern, also z.B. den Wert seiner GmbH-Beteiligung (abzüglich der Anschaffungskosten). Besonders unangenehm dabei ist, dass eine Besteuerung ausgelöst werden kann, obwohl der Steuerpflichtige überhaupt keinen Zufluss an Geld erfährt (sog. „dry income“).
Hier finden Sie weitere Details zur Wegzugsbesteuerung.
Erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach Wegzug ins Niedrigsteuerausland
Nicht nur der Wegzug allein kann Steuern auslösen. Das Außensteuerrecht hält mit § 2 AStG eine weitere Unannehmlichkeit bereit. Danach muss ein Deutscher, der in den letzten zehn Jahren insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war, gewisse nicht ausländische Einkünfte auch in den nächsten zehn Jahren in Deutschland versteuern, sofern er in einem ausländischen Gebiet mit niedriger Besteuerung ansässig ist und wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland hat. Wer also aus Deutschland wegzieht, kann mitunter außensteuerrechtlich für einige Jahre weiterhin in Deutschland steuerpflichtig sein, selbst wenn er in Deutschland unter normalen Umständen nicht beschränkt steuerpflichtig wäre. Die Regelung kommt in der Praxis zwar selten zur Anwendung, weil die Voraussetzungen häufig nicht vorliegen. Aber Vorsicht ist dennoch geboten.
Speziell auch für Kryptoinvestoren birgt die Vorschrift Gefahren, weil bislang nicht sicher geklärt ist, unter welchen Umständen z.B. Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen ausländische Einkünfte sind oder doch dem § 2 AStG unterfallen.
Gründung von Gesellschaften im Niedrigsteuerausland ist auch keine Lösung: Hinzurechnungsbesteuerung
Auch die Gründung von Gesellschaften (oder Stiftungen) im Ausland, um Gewinne im Ausland einer niedrigen Besteuerung zuzuführen, hilft in der Regel nicht. Falsch geplant geht der Schuss vielmehr häufig nach hinten los. Denn die Bestimmungen der §§ 7 bis 154 AStG verhindern, dass Steuerpflichtige durch die Verlagerung bestimmter Tätigkeiten auf eine Kapitalgesellschaft in einem Niedrigsteuerland (sog. Zwischengesellschaft) Steuervorteile erlangen. § 15 AStG erweitert die Regelungen des Außensteuerrechts für Stiftungen und Trusts im Ausland. Die EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Steuervermeidung (Anti Tax Avoidance Directive; ATAD) verpflichtete die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, bis Ende 2018 ein Hinzurechnungsbesteuerungssystem einzuführen, das einen bestimmten Mindeststandard erfüllt. Das deutsche Außensteuerrecht entspricht nicht nur im Wesentlichen diesem Standard, sondern geht in manchen Bereichen noch über ihn hinaus.
Im Ergebnis werden passive Einkünfte ausländischer Kapitalgesellschaften, die von in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen beherrscht werden (in Ausnahmefällen ist selbst eine Beherrschung nicht nötig) und deren Einkünfte im Ausland niedrig besteuert werden, dem deutschen Steuerpflichtigen zugerechnet, als hätte er sie selbst vereinnahmt. Ähnlich ist es bei ausländischen Stiftungen/Trusts. Der deutsche Steuerpflichtige muss in diesem Fall also Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft versteuern, die nicht einmal an ihn ausgeschüttet wurden.
Hier haben wir für Sie zusammengefasst, welche Rolle ausländische Zwischengesellschaften bei der Hinzurechnung von Einkünften spielen.
Steuerliche Gewinnkorrektur von Einkünften nach § 1 AStG
Das deutschen Außensteuerrecht kennt schließlich auch Verrechnungspreisvorschriften. Gemäß § 1 AStG können Einkünfte eines Steuerpflichtigen zugunsten der inländischen Besteuerung berichtigt werden, z.B. dann, wenn bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen Bedingungen vereinbart wurden, die von üblichen Konditionen mit fremden Dritten abweichen. Potenzielle Gewinnminderungen in Deutschland werden dann unter Anwendung des sog. Fremdvergleichsgrundsatzes korrigiert. Mit anderen Worten: Eine deutsche GmbH kann z.B. keine Leistungen einer Schwestergesellschaft aus Dubai einkaufen und dafür überhöhte Preise bezahlen und den Aufwand als Betriebsausgaben in Deutschland geltend machen.
Das Außensteuerrecht verhindert solche künstlichen Gewinnverlagerungen, indem es den Steuerpflichtigen dazu verpflichtet, Vereinbarungen zu treffen und zu dokumentieren, die zwischen unabhängigen Dritten vereinbart worden wären.
Ihr Anwalt für das Außensteuerrecht
Sollten Sie planen, Ihre Gesellschaft ins Ausland zu verlagern, sich an einer Gesellschaft im Ausland zu beteiligen oder eine Gesellschaft oder Stiftung/Trust im Ausland zu gründen, oder ist dies bereits geschehen, begleiten wir Sie umfassend mit unserem steuerrechtlichen Know-how und geben Ihnen Empfehlungen für die optimale Strukturierung Ihres Vorhabens. Sehr gerne stehen wir Ihnen auch bei allen sonstigen Fragen zum Außensteuerrecht zur Seite.
Kommen Sie also gerne mit Ihren Fragen auf uns zu! Sie erreichen uns am einfachsten per E-Mail (info@winheller.com), telefonisch (069 76 75 77 85 31) oder über unseren Online-Fragebogen zum internationalen Steuerrecht.
Sie benötigen Unterstützung?
Sie haben Fragen zu unseren Leistungen oder möchten einen persönlichen Beratungstermin vereinbaren? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme! Häufig gestellte Fragen beantworten wir in unseren FAQs.
Oder rufen Sie uns an: +49 (0)69 76 75 77 85 31