Stablecoins: Steuern, Regulierung, Funktion
Stablecoins spielen im heutigen Kryptomarkt eine zentrale Rolle – als Brücke zwischen Fiat und Krypto, als Tauschmittel und als Basis für dezentrale Anwendungen. Doch was sind Stablecoins eigentlich genau, wie grenzen sie sich von anderen Tokentypen ab, wie reguliert Europa sie mit MiCAR – und was bedeutet das für Anleger und Exchanges?

Was sind Stablecoins?
Stablecoins sind Kryptowährungen, deren Wert in der Regel an eine stabile Fiatwährung wie den US-Dollar oder Euro gebunden ist. Dadurch sollen sie Kursschwankungen vermeiden und eine stabile digitale Alternative zu Bargeld bieten.
Arten von Stablecoins
✅ Fiat Backed Stablecoins
Beispiel: USDC, USDT
Diese sind durch Einlagen in einer klassischen Währung gedeckt, z. B. USD auf einem Bankkonto. Die Preisstabilität ergibt sich aus der realen Rücktauschmöglichkeit 1:1.
✅ Algorithmische Stablecoins
Beispiel: DAI
Diese Art von Stablecoins ist nicht durch Fiat, sondern durch überbesicherte Kryptoassets gedeckt (z. B. ETH). Ein Algorithmus reguliert Angebot und Nachfrage, um den Kurs zu stabilisieren.
Abgrenzung von Stablecoins zu ähnlichen Tokentypen
✅ Tokenisierte Real World Assets (RWAs)
Hierbei handelt es sich um Tokens, die reale Vermögenswerte wie Immobilien, Anleihen oder Edelmetalle repräsentieren. Die Absicherung erfolgt durch reale Assets im Hintergrund.
✅ Bridge Tokens
Dies sind Tokens, die einen Vermögenswert auf einer anderen Blockchain abbilden. Sie entstehen durch Verwahrung eines Tokens auf Blockchain A und Ausgabe eines Abbilds auf Blockchain B.
✅ Wrapped Tokens
Beispiel: WBTC (Wrapped Bitcoin)
Sie repräsentieren Kryptoassets auf einer anderen Blockchain. Der originale Vermögenswert (z.B. BTC) wird verwahrt, und ein äquivalenter Token wird ausgegeben.
Stablecoins als Hybridform
Stablecoins vereinen technische Aspekte sowohl von tokenisierten Real World Assets (da sie Fiatwährungen digital abbilden) als auch von Wrapped Tokens (weil Fiatwerte verwahrt und gleichwertige Tokens ausgegeben werden).
Stablecoins in der MiCAR – neue Regeln für alte Konzepte
Mit der EU-Verordnung MiCAR (Markets in Crypto-Assets Regulation) wird das Geschäft mit Stablecoins neu geregelt. Seit Ende 2024 dürfen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nur noch Stablecoins mit Zulassung öffentlich angeboten oder auf Handelsplattformen gelistet werden.
Bedingungen für eine MiCAR-Zulassung:
- Deckungspflicht: Vollständige Reservendeckung durch Fiat oder zugelassene Vermögenswerte
- Zulassungspflicht: Emittenten müssen von einer EU-Behörde zugelassen und beaufsichtigt werden
- Whitepaper: Pflichtveröffentlichung mit Risikoangaben, Geschäftsmodell und Rückzahlungsbedingungen
- Rückzahlungsverpflichtung: Tokeninhaber haben einen Anspruch auf Rückgabe in Fiat
- Verbot algorithmischer Stablecoins: Greift, sofern keine 1:1-Deckung gewährleistet ist
Was passiert ohne MiCAR-Zulassung?
Für Stablecoins ohne Zulassung hat die MiCAR-Regulierung drastische Konsequenzen – sowohl für Anbieter als auch für Nutzer:
Kryptoexchanges dürfen Stablecoins ohne MiCAR-Zulassung nicht mehr anbieten oder listen, wenn sie Kunden in der EU bedienen. Für international operierende Plattformen bedeutet das, dass sie entweder MiCAR-konforme Alternativen integrieren oder betroffene Stablecoins delisten müssen. Dies könnte z. B. Stablecoins wie USDT betreffen, falls keine MiCAR-konforme Struktur eingeführt wird.
Für Anleger heißt das konkret: Der Zugang zu nicht zugelassenen Stablecoins wird erheblich erschwert. Börsen in der EU werden diese Tokens auslisten, Wallets und Trading-Apps könnten Nutzern aus der EU den Handel blockieren oder einschränken. Auch die Nutzung im DeFi-Bereich wird beeinträchtigt, da die MiCAR auch dezentralen Anwendungen rechtliche Grenzen setzt.
Das Ziel ist klar: Nur vertrauenswürdige, regulierte Stablecoins sollen langfristig im europäischen Markt überleben.
MiCAR-zugelassene Stablecoins
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat per 05/2025 zehn Emittenten autorisiert, insgesamt 15 Stablecoins herauszugeben – zehn davon sind an den Euro gekoppelt und fünf an den US-Dollar.
€€ Euro-gebundene Stablecoins
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Emittent | Blockchain(s) |
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EURC | Circle | Ethereum |
EURI | Banking Circle | Ethereum, BNB Smart Chain |
EURe | Monerium | Ethereum, Polygon, Gnosis |
EURCV | SG Forge (Société Générale) | Ethereum |
EURD | Quantoz Payments | Algorand |
EURQ | Quantoz Payments | Nicht spezifiziert |
EUROe | Membrane Finance | Ethereum, Solana, Arbitrum, Avalanche, Optimism, Polygon, Concordium |
EURØP | Schuman Financial | Ethereum, Polygon |
EURSM | Stable Mint | Ethereum, BNB Smart Chain |
EURR | StablR | Ethereum |
$$ US-Dollar-gebundene Stablecoins
/ |
Emittent | Blockchain(s) |
---|---|---|
USDC | Circle | Ethereum |
USD1 | Crypto.com & 1S1C | Nicht spezifiziert |
eUSD | Membrane Finance | Ethereum, Solana, Arbitrum, Avalanche, Optimism, Polygon, Concordium |
USDQ | Quantoz Payments | Nicht spezifiziert |
USDR | StablR | Ethereum |
TerraUSD (UST) – Wie ein algorithmischer Stablecoin kollabierte
Der TerraUSD (UST) war ein algorithmischer Stablecoin, der nicht durch reale Werte gedeckt war, sondern durch einen internen Umtauschmechanismus mit dem Token LUNA.
Das System funktionierte, solange Vertrauen bestand:
- War UST über 1 USD → UST wurde verbrannt, LUNA geprägt
- War UST unter 1 USD → UST wurde gegen LUNA getauscht
Im Mai 2022 kam es zur Katastrophe:
- Große Anleger zogen massive UST-Bestände ab
- Der „Peg“ zum US-Dollar brach
- Immer mehr UST wurde gegen LUNA eingetauscht
- Es entstand eine sich selbst verstärkende Kettenreaktion:
→ Mehr UST-Verkäufe → Mehr LUNA-Ausgabe → LUNA entwertet → Noch mehr Verkäufe - Folge: Hyperinflation von LUNA, Totalverlust beider Coins
Die Moral von der Geschichte:
Algorithmische Modelle ohne reale Anker sind extrem anfällig für Marktschocks und Vertrauensverlust. Sie erzeugen selbstverstärkende Dynamiken, die im Extremfall zu einem kompletten Systemkollaps führen können.
Steuerliche Behandlung von Stablecoins
In Deutschland unterliegen auch Stablecoins den steuerlichen Regeln für Kryptowährungen. Das bedeutet:
- Jeder Tauschvorgang gilt als privates Veräußerungsgeschäft.
- Liegt die Haltedauer unter einem Jahr, ist ein Gewinn steuerpflichtig.
- Bei Stablecoins sollten diese Gewinne theoretisch nicht entstehen, da ihr Wert „stabil“ ist.
Warum es trotzdem zu Steuerpflichten kommen kann:
Es gibt gewisse Wechselkursrisiken zwischen Euro und Dollar. Auch wenn ein Stablecoin wie USDC den Dollarwert konstant hält, kann sich der Wert in Euro erheblich ändern. Beispiel:
- Du kaufst 10.000 USDC bei 1,00 EUR/USD (entspricht 10.000 €)
- Verkauf bei 1,10 EUR/USD (du bekommst nun 11.000 €)
- → 1.000 € steuerpflichtiger Gewinn, obwohl der USDC selbst stabil war
Sonderfall: Tausch eines $-Stablecoins in einen anderen $-Stablecoin.
Wird ein Stablecoin – aus welchen Gründen auch immer – in einen anderen Stablecoin der gleichen Fiatwährung getauscht, kann hinterfragt werden, ob tatsächlich ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt, oder ob hier die Haltefristen und Anschaffungskosten des ursprünglichen Coins auf den anderen Coin übergehen.
Grund hierfür ist, dass in diesen Fällen nicht wirklich ein anderes Wirtschaftsgut angeschafft wird, sondern die beiden Tauschobjekte „nämlich“ sind. Die Nämlichkeit beschreibt die Gleichartigkeit von Wirtschaftsgütern bei einem Tauschvorgang im Sinne des § 23 EStG (private Veräußerungsgeschäfte). Ein Tausch ist nur dann kein steuerbarer Veräußerungsvorgang, wenn das abgegebene und das empfangene Wirtschaftsgut nämlich, also gleichartig, sind.
Parameter der Nämlichkeit
Die steuerliche Beurteilung der Nämlichkeit erfolgt anhand mehrerer Kriterien:
/ |
Erläuterung |
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Technische Gleichartigkeit | Die Token basieren auf der gleichen oder vergleichbaren technischen Struktur (z.B. ERC20 auf Ethereum). |
Funktionale Identität | Beide Token erfüllen denselben Zweck (z.B. Stabilität durch Bindung an denselben Referenzwert, z.B. 1 USD). |
Wirtschaftliche Gleichwertigkeit | Beide Tokens repräsentieren denselben wirtschaftlichen Anspruch (z.B. Rücktauschrecht in USD, 1:1-Bindung). |
Risikogleichheit | Es besteht kein Unterschied im wirtschaftlichen Risiko (z.B. gleiches Emittentenrisiko oder einheitliche Besicherungspraxis). |
Verfügbarkeit / Fungibilität | Die Token sind im Markt gleichartig verwendbar und können wechselseitig getauscht oder akzeptiert werden. |
Verkehrsanschauung | Nach allgemeiner Marktauffassung gelten die Token als wirtschaftlich austauschbar. |
Beispiel:
Tausch USDC gegen USDT – beide sind Stablecoins mit 1:1-Bindung an den US-Dollar.
- Auf den ersten Blick:
Zwei unterschiedliche Tokens, mit unterschiedlichem Emittenten, unterschiedlichem Ticker und technischen Unterschieden – also nicht nämlich, oder? - Aus steuerlicher Sicht (nach herrschender Meinung):
Doch nämlich!
Denn entscheidend ist nicht nur der technische Unterschied, sondern auch der wirtschaftliche Gehalt:
Wenn zwei Tokens den gleichen Fiatwert repräsentieren, mit der gleichen Rückzahlungsverpflichtung verbunden sind, einem gleichen wirtschaftlichen Zweck dienen und de facto fungibel sind, dann sind sie steuerlich als gleichartig (= nämlich) zu bewerten.
Begründung: Kein wirtschaftlicher Unterschied
- Beide Tokens dienen nicht zur Spekulation, sondern zur Wertstabilisierung.
- Beide haben keinen relevanten Kursunterschied.
- Ein Tausch erfolgt oft nur aus technischen oder Plattformgründen.
- Der wirtschaftliche Inhalt ist identisch: 1 USD auf der Blockchain.
Ihre Steuerberater für Stablecoins
Stablecoins sind keine steuerfreien, risikolosen Kryptoassets. Sie werden oft verwendet, um im Kryptobereich investiert zu bleiben, ohne direkt in Fiatwährungen zurückzutauschen. Sie unterliegen damit natürlich dem ganz normalen Inflationsrisiko der zugrunde liegenden Fiatwährung. Unsere erfahrenen Steuerberater für Stablecoins unterstützen daher bei allen Fragen zur Besteuerung der Kryptowerte. Am einfachsten erreichen Sie uns über info@winheller.com oder 069 / 76 75 77 85 28.
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