NPOs und Finanzaufsicht
BaFin überwacht auch gemeinnützige Körperschaften
Gemeinnützige Körperschaften machen sich meist keine Gedanken darüber, dass auch sie, trotz ihrer gemeinnützigen Zweckförderung, der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterfallen können, wenn sie gewisse Finanzgeschäfte tätigen. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis sind ein Beleg dafür, dass auch NPOs in das Visier der BaFin geraten können.
Da Fehler in diesem Bereich strafrechtliche Folgen haben und zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen können und alle unerlaubt betriebenen Geschäfte überdies rückabzuwickeln sind, sollten NPO-Verantwortliche Obacht geben – vom immensen Imageschaden ganz zu schweigen.
Wann benötigen NPOs eine BaFin-Erlaubnis?
Immer dann, wenn eine gemeinnützige Organisation Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) oder des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erbringt, ist vorab zu klären, ob sie hierfür eine Erlaubnis der BaFin benötigt. Auf die Gemeinnützigkeit der Organisation kommt es dabei nicht an.
Selbst religiöse oder kirchliche Einrichtungen können sich in aller Regel nicht erfolgreich auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berufen und so der BaFin-Erlaubnispflicht entgehen.
Ist eine BaFin-Lizenz nur für gewerblich tätige Unternehmen nötig?
Gemeinnützige Körperschaften werden zwar in aller Regel nicht gewerblich tätig. Ausreichend für eine Erlaubnispflicht kann aber auch schon sein, wenn eine NPO Finanzdienstleistungen in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Die BaFin nimmt das immer dann an, wenn gewisse – recht niedrige – Bagatellgrenzen überschritten werden (siehe dazu im Einzelnen weiter unten).
Warum ist die Beantragung einer BaFin-Erlaubnis problematisch?
In der Praxis ergibt es für gemeinnützige Körperschaften meist keinen Sinn, eine Erlaubnis der BaFin zu beantragen. Die damit einhergehenden Kosten, die Anforderungen, die an die Qualifikationen des (Führungs-)Personals gestellt werden und der administrative Aufwand durch das Aufsetzen des notwendigen Risikomanagements in der Organisation stehen üblicherweise in keinem Verhältnis zu den Vorteilen. Das gilt selbst für sehr große NPOs. Umso wichtiger ist es, die Geschäftsmodelle gemeinnütziger Einrichtungen so zu gestalten, dass sie einer BaFin-Erlaubnis von vornherein nicht bedürfen.
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Annahme von Darlehen durch NPOs
Das sog. Einlagengeschäft, d.h. die Annahme fremder Gelder als Einlagen, ist als klassisches Bankgeschäft erlaubnispflichtig. Ob Zinsen vergütet werden, ist hingegen irrelevant. Häufig kommen solche Geschäfte im dritten Sektor vor, wenn gemeinnützige Körperschaften von ihren Mitgliedern, Spendern oder sonstigen Unterstützern Darlehen annehmen. Genossenschaften finanzieren sich z.B. häufig über Darlehen ihrer Mitglieder. Auch sog. Spenderdarlehen oder Stifterdarlehen sind im gemeinnützigen Sektor weit verbreitet.
Schon bei einem Einlagenvolumen von 12.500 Euro bedarf es einer Erlaubnis der BaFin, wenn sich das Volumen aus mehr als fünf Einzeleinlagen zusammensetzt. Unabhängig davon genügen auch bereits mehr als 25 Einzelanlagen, um die Erlaubnispflicht auszulösen.
Vermeiden lässt sich eine Erlaubnispflicht durch besondere Gestaltungen, z.B. durch Vereinbarung eines sog. qualifizierten Rangrücktritts. Auch banküblich besicherte Darlehen unterliegen nicht der Erlaubnispflicht.
Prospektpflicht beim öffentlichen Angebot von Vermögensanlagen
Will sich eine gemeinnützige Körperschaft über das Angebot von sog. Vermögensanlagen, also etwa Nachrangdarlehen, Genussrechten oder Treuhandvermögen, am freien Kapitalmarkt finanzieren, muss sie beachten, dass sie hierfür einen von der BaFin gebilligten Verkaufsprospekt erstellen muss. Ihr Gemeinnützigkeitsstatus entbindet sie davon nicht. Nur für wenige spezielle Vorhaben im gemeinnützigen und religiösen Bereich sieht das Gesetz Ausnahmen vor.
Eine interessante Alternative bei kleineren Projekten kann ein Angebot über eine zugelassene internetbasierte Crowdfundingplattform sein, denn Anbieter von Vermögensanlagen können bis zu 2,5 Millionen Euro auch ohne Verkaufsprospekt einsammeln, wenn der Vertrieb der Anlagen ausschließlich auf diesem Weg erfolgt. Ein von der BaFin vorab zu billigendes sog. Vermögensanlageninformationsblatt (VIB) müssen jedoch auch solche Anbieter vorhalten.
Vergabe von Darlehen durch NPOs
Auch der umgekehrte Fall kann eine BaFin-Erlaubnispflicht auslösen: die Gewährung von Darlehen von der NPO (z.B. Dachverband) beispielsweise an ihre Mitglieder oder Mitgliederorganisationen. Solche Kreditgeschäfte bedürfen einer Erlaubnis, wenn entweder mehr als 100 Einzeldarlehensverträge geschlossen werden oder wenn mehr als 20 Darlehensverträge über eine Gesamtsumme von über 500.000 Euro ausgegeben werden. Aufpassen müssen NPOs auch bei der Bestimmung des Zinssatzes: Sofern gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig (Gefahr der gemeinnützigkeitsschädlichen Mittelfehlverwendung) sollte der Zinssatz moderat sein, um jeden Anschein der Gewerblichkeit zu vermeiden.
Garantiegeschäfte für Dritte
Garantiegeschäfte liegen dann vor, wenn die gemeinnützige Organisation Bürgschaften, sonstige Garantien oder Einstandsversprechen für Verbindlichkeiten Dritter gibt. Das kommt z.B. bei Stiftungen vor, die sog. Kapitaldienstgarantien für von ihnen zu fördernde gemeinnützige Einrichtungen abgeben (z.B. bei größeren Bauprojekten).
Mehr als 100 Bürgschafts-, Garantie- oder ähnliche Verträge oder der Abschluss von mehr als 20 Einzelverträgen bei einem Gesamtvolumen von 500.000 Euro führen zur Erlaubnispflicht.
Verwaltung von Treuhandstiftungen
Schon lange wird diskutiert, ob für die Verwaltung von Treuhandstiftungen (unselbstständige Stiftungen) als „Finanzportfolioverwaltung für einen anderen“ eine BaFin-Erlaubnis nötig ist. Vollständig geklärt ist das bis heute nicht.
Insbesondere dann, wenn Treuhandstiftungen im Wege von Treuhandvereinbarungen errichtet werden, ist jedenfalls Vorsicht angezeigt. Um die BaFin-Erlaubnispflicht zu verhindern, bedarf es diverser vertraglicher Gestaltungen, die nicht immer gelingen. Am ehesten vermeiden lässt sich Ärger mit der BaFin, wenn die unselbstständigen Stiftungen statt durch Treuhandvereinbarungen über Schenkungen unter Auflagen errichtet werden. Denn in diesem Fall geht das Stiftungsvermögen in das Vermögen des Treuhänders endgültig über, sodass er eigenes und nicht fremdes Vermögen verwaltet. Diese Lösung kann jedoch erhebliche insolvenzrechtliche Nachteile nach sich ziehen, die es abzuwägen gilt.
Mittelweiterleitungen als Finanztransfergeschäfte
Gemeinnützige Organisationen, die Spenden für dritte Empfängerkörperschaften einsammeln (sog. Mittelbeschaffungskörperschaften), können damit Finanztransfergeschäfte betreiben, die aufsichtsrechtlich als erlaubnispflichtige Zahlungsdienste gelten. Fördervereine und Förderstiftungen erbringen als eine Art „Durchlaufstelle“ für die jeweiligen angeschlossenen Spendenempfänger solche Leistungen. Wenn die Förderkörperschaft aufgrund einer eigenen Verwendungsentscheidung die Zahlung des Geldbetrags an einen von der Förderkörperschaft selbst ausgewählten Empfänger veranlasst, gilt dies hingegen nicht – allerdings ist eine solche Gestaltung in der Praxis eher selten anzutreffen.
Durch eine geschickte Vertragsgestaltung im Verhältnis zum Spender bzw. zur finalen Empfängerorganisation können Mittelbeschaffungskörperschaften allerdings Ausnahmetatbestände in Anspruch nehmen, die das Gesetz ausdrücklich vorsieht, und so eine Erlaubnispflicht vermeiden. Die BaFin hat inzwischen mehrere solche Fälle beurteilt und zumindest in den rechtlich sorgfältig gestalteten Konstellationen eine Erlaubnispflicht verneint.
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